Die Initiative Hamburger Zukunftsentscheid legt den Hamburgerinnen und Hamburgern am 12. Oktober einen Volksentscheid zur Abstimmung vor. Mit dem Hamburger Zukunftsentscheid soll das Hamburgische Klimaschutzgesetz (HmbKliSchG) an mehreren Stellen geändert werden. Die CO2-Emissionen Hamburgs sollen bis zum Jahr 2030 um mindestens 70 %, bis spätestens zum Jahr 2040 um 98 % reduziert werden. Damit wird die Netto-CO2-Neutralität auf 2040 vorgezogen, gegenüber der aktuell geplanten Neutralität 2045. Das Zwischenziel 2030 in § 4 I wird beibehalten. Ergänzend werden verbindliche jährliche Minderungsziele durch die Vorgabe von Jahresemissionsgesamtmengen eingeführt. Daraus sollen jährlich Sektorziele abgeleitet und im Klimaplan festgehalten werden.
Zur Überprüfung der jährlichen Ziele soll laut § 2 II des Vorschlags eine Schätzbilanz (Schätzung der verursacherbedingten CO2-Emissionen), jeweils für das vergangene Jahr erhoben werden. Bei Überschreitung der zulässigen Jahresemissionsgesamtmenge wird die Differenzmenge auf die fünf Folgejahre angerechnet und eine Sofortprogrammpflicht ausgelöst. Der Senat muss in diesem Fall geeignete Maßnahmen zum Ausgleich der Überschreitung vorlegen. Nach dem Änderungsvorschlag des Volks- begehrens „Hamburger Zukunftsentscheid“, müssen die Ziele des Gesetzes künftig „sozialverträglich“ umgesetzt werden. Dadurch würde die aktuelle Berücksichtigung des Sozialverträglichkeitsprinzips in § 2 IV im HmbKliSchG ersetzt und schärfer gefasst. Wie das dann im Einzelfall konkret sichergestellt und praktisch finanziert werden soll, dazu hat die Initiative keine Ideen.
Die SPD will, genauso wie die Initiative, ein klimaneutrales Hamburg vor 2045. Doch anders als die Initiative sind wir überzeugt, dass man ein höheres Tempo zur Klimaneutralität nicht seriös versprechen und schon gar nicht per Gesetz vorschreiben kann, ohne hierbei massive Nachteile in Kauf zu nehmen.
Wir sind überzeugt, dass wir die Klimaneutralität schaffen, bleiben dabei aber auch realistisch: Niemand kann 15 Jahre in die Zukunft blicken, in solch einem langen Zeitraum kann viel passieren, was uns voranbringt oder bremst. Damit alle auf dem Weg in die Klimaneutralität mitge-nommen werden, muss die Politik flexibel und anpassungsfähig bleiben.
Ein starres Klimagesetz mit rigiden Vorgaben und jährlichen Budgets und damit mangelnder Flexibilität schränkt die Handlungsfähigkeit der Politik über Jahrzehnte ein. Was der Politik dann bleiben würde, wären vor allem der kurzfristige Erlass von Verboten und Zwängen, wenn die Jahresvorgaben nicht eingehalten werden können. Im Klartext: Fahrverbote für Verbrennerautos in unserer Stadt, starre Umbau-verpflichtung für Heizungen ohne sozialen Ausgleich, Arbeitsplatzgefährdungen bei Betriebsschließungen und anderes mehr. Das wird – wie beim „Heizungsgesetz“ – große Widerstände auch in Hamburg hervorrufen – und unter Umständen das Gegenteil von nachhaltigem Klimaschutz bewirken.
Eine so große Aufgabe wie die Klimaneutralität muss gemeinsam und mit Verantwortung für die Menschen bewältigt werden. Das Ziel ist ehrgeizig und benötigt Freiraum für Kreativität und Innovation, keine Verbote und darauffolgende hitzigen Debatten. Das bestehende Klimaschutzgesetz und der Gesetzentwurf der Initiative weichen in den Zielvorgaben erst ab dem Jahr 2035 wesentlich von einander ab. Was jetzt beschlossen werden soll, ist also kein höheres Tempo ab jetzt, sondern drohende Zwänge, Bevormundung und Verbote in einer Zukunft, die heute noch niemand absehen kann.
Der bestehende Klimaplan der Rathauskoalition aus SPD und Grünen hat bereits zu einer Reduktion um etwa 50 Prozent CO2-Emission in Hamburg geführt und wird zuverlässig zu einer Reduktion um 70 Prozent bis 2030 führen.
Der bestehende Klimaplan setzt bereits auf massive, kostenträchtige Investitionen und technische Innovation, z.B. im Bereich der erneuerbare Energien. Das sind keine Tropfen auf den heißen Stein, sondern wirkungsvolle Großprojekte. Beispielsweise werden auf Hamburgs Dächern Photovoltaikanlagen installiert, die zusammen etwa so viel Strom erzeugen wie der Block eines Atomkraftwerkes.
Hinter der Formulierung „Sofortprogramme gegen Emissionsverursacher“ verbergen sich tatsächlich Verbote, Zwänge und unsteuerbare Kosten für die Hamburgerinnen und Hamburger. Dies verschweigt die Initiative. Bei Nichterreichen der Vorgaben bleiben der Politik keine anderen Handlungsspielräume, als mehr Bürokratie. Strengere Vorgaben müssten auch erhoben, dokumentiert, überwacht und sanktioniert werden.
Der bestehende Klimaplan ist mit wichtigen Akteuren der Stadtgesellschaft wie Industrie, Wohnungswirtschaft, Verkehrsträgern, Umwelt- und Sozialverbänden ab-gestimmt, die die Maßnahmen mittragen. Einige dieser Akteure, wie zum Beispiel die sozialen Vermieter, warnen bereits eindringlich vor den Folgen eines neuen Klimaplans, die Mieten werden schneller steigen.
Das bestehende Klimagesetz und der dahinterliegende Klimaplan, der übrigens maßgeblich von den Grünen mitentwickelt und im Koalitionsvertrag bestätigt wurde, darf nicht durch ein gut gemeintes aber schlechtes Gesetz eingetauscht werden.
Deswegen: Keine Unterstützung für den „Zukunftsentscheid“. Nicht, weil wir gegen Klimaschutz sind, sondern weil wir gegen unabsehbare Kostensteigerungen und kurzfristige Verbote sind, die überwiegend und besonders die Hamburgerinnen und Hamburger mit kleinerem Einkommen treffen.
„Wir glauben an unseren Klimaplan, der seit Jahren funktioniert!“
Marc Buttler
Info: Die Initiative Hamburger Zukunftsentscheid (Klima-Volksentscheid) hatte dem Senat am 21.10.2024 rund 106.000 gültige Unterschriften für das vorausgegangene Volksbegehren übergeben. Stimmen bei dem Volksentscheid am 12.10.2025 mehr als 20 % aller Wahlberechtigten und über 50 % der Abstimmenden zu, tritt das Gesetz zu 2026 in Kraft.
Initiatoren sind Fridays for Future Hamburg, der NABU Hamburg, der Mieterverein zu Hamburg und die Gewerkschaft ver.di

