Die Bahnstrecke zwischen Hamburg und Bad Oldesloe ist eine der am meisten befahrenen Pendlerstrecken rund um die Hansestadt.
Um viele Bereiche im Osten der Stadt und das nordöstliche Umland besser anzubinden, wird die S4 gebaut – für zuverlässigere Verbindungen, weniger Umstiege und mehr Komfort. Prognostiziert wird nahezu eine Verdreifachung der Fahrgastzahlen im Vergleich zur heutigen Regionalbahn-Linie RB81. Auch der Hamburger Hauptbahnhof als bisheriges Nadelöhr wird entlastet und der S-Bahnverkehr in die Innenstadt noch weiter verstärkt – ein wichtiger Beitrag zur Mobilitätswende.
Das Projekt S4 beinhaltet den Bau einer zweigleisigen S-Bahn-Strecke von Hasselbrook bis Ahrensburg und den Bau einer eingleisigen S-Bahn-Strecke von Ahrensburg bis Ahrensburg-Gartenholz. Zwischen Hamburg-Altona und Hassel-brook wird sie die bereits vorhandenen S-Bahn-Gleise (S1/S11) mitnutzen, zwischen Ahrensburg-Gartenholz und Bad Oldesloe die Fernbahngleise.
Die S4 wird dann zwischen Hamburg-Altona und Ahrensburg in der Hauptverkehrszeit im 10-Minuten-Takt fahren, bis Bargteheide im 20-Minuten-Takt und bis Bad Oldesloe im Stundentakt. Für die S4 werden zudem zusätzliche Haltestellen errichtet. In Hamburg sind das: Wandsbek Rathaus, Bovestraße, Holstenhofweg und Pulverhof.
Die RB81 wird durch die S4 ersetzt. So ergibt sich eine bessere Ausnutzung der beschränkten Kapazi-täten des Hamburger Hauptbahnhofs, dessen Fern- und Regionalbahnteil überlastet ist, während die S-Bahn-Gleise noch zwei weitere Linien, eine davon die S4, aufnehmen können.
Das Projekt S4 wurde 2018 in den „Vordringlichen Bedarf“ des Bundesverkehrswegeplans hochgestuft. Ende 2019 erfolgte die Unterzeichnung der Finanzierungsvereibarung zwischen Bund, Bahn, Hamburg und Schleswig-Holstein. Der Bund übernimmt mit rund 84 Prozent einen Großteil der auf rund 1,85 Mrd. € geschätzten Gesamtkosten.
Gegen den Planfeststellungsbeschluss für den Neubau der S-Bahnlinie 4 in Hamburg, Planungsabschnitt 1 wurde mehrfach geklagt. Die Deutsche Bahn plant den Bau der S-Bahnlinie 4 von Hamburg Hasselbrook bis Ahrensburg-Gartenholz. Die insgesamt ca. 17 km lange Strecke wird in drei Abschnitten geplant, von denen der erste eine Teilstrecke von ca. 3 km umfasst (Hamburg-Hasselbrook bis Luetkensallee in Wandsbek). Der Bau der S-Bahnlinie S4 ist Bestandteil der Maßnahmen zur Engpassbeseitigung im sogenannten Großknoten Hamburg.
Grundlage für die Planung der S-Bahn-Infrastruktur ist das prognostizierte Fahrgastaufkommen, zu dessen Bewältigung ein 10-Minuten-Takt bis Ahrensburg während der Hauptverkehrszeit vorgesehen ist. Auf der Grundlage des Planfeststel-lungsbeschlusses sollen Grundstücke von Klägern dauerhaft oder für die Bauzeit in Anspruch genommen werden.
Die übrigen Kläger wenden sich gegen befürchtete Immissionen durch Lärm, Luftschadstoffe und Erschütterungen.
Das Bundesverwaltungsgericht hat die Klagen am 05.10. abgewiesen. Es hat dabei erst- und letztinstanzlich über den streitigen Teil der S-Bahnlinie S4 ent-schieden. Der Planfeststellungsbeschluss des Eisenbahn-Bundesamtes vom 24.08.2020 zum Neubau der Eisenbahnstrecke 1249 Hamburg-Hasselbrook – Ahrensburg-Gartenholz, Bau-km 100,000 bis 103,114 (Planfeststellungs-abschnitt 1), ist rechtmäßig.
Der Planfeststellungsbeschluss weise keine Verfahrensfehler auf. Insbesondere waren alle notwendigen Unterlagen im Planfeststellungsverfahren bekannt gemacht worden. Die gesetzliche Planrechtfertigung für das Vorhaben liege demnach vor. Sie ist auf Entmischung des Nahverkehrs von anderen Eisenbahnverkehren und auf die baulichen Voraussetzungen für den angestrebten Fahrplantakt ausgerichtet.
Die Auffassung der Kläger, der angefochtene Planfeststellungsbeschluss verknüpfe Teile mehrerer Vorhaben (Neubau einer zweigleisigen S-Bahnstrecke, Erweiterung der Horner Verbindungskurve sowie die Verlängerung von Gleisen im Güterbahnhof Wandsbek) unzulässig zu einem Gesamtvorhaben, blieb ohne Erfolg. Die Verwirklichung der Teilziele ist erforderlich, um das Vorhaben als Teil des Großknotens Hamburg umsetzen zu können. Da keine FFH-Gebiete (Europäische Schutzgebiete für Natur und Landschaft nach der Flora-Fauna-Habitat Richtlinie) im streitigen Planfeststellungsabschnitt oder dessen Einwirkungsbereich liegen, war nur ein vorläufiges positives Gesamturteil erforderlich, dass in den Folgeabschnitten, in denen sich FFH-Gebiete befinden, insoweit keine unüberwindbaren naturschutzrechtlichen Hindernisse bestehen.
Eine plausible Einschätzung hierzu liegt vor. Der Schutz von Fledermäusen und anderen Tieren ist im Planfeststellungsverfahren ebenfalls hinreichend beachtet worden. Die Abwägung mit planerischen Varianten zum Ausbau der Neubaustrecke ist rechtsfehlerfrei. Soweit eine Null-Variante geltend gemacht wurde, haben die Kläger nicht aufgezeigt, dass durch die Nutzung etwa schon bestehender Strecken und den Einbau von weiteren Weichen die planerischen Ziele hätten erreicht werden können.
Die Entscheidung der Planfest-stellungsbehörde gegen einen von den Klägern für eindeutig vorzugswürdig gehaltenen Neubau einer zweigleisigen Güterverkehrstrecke zwischen Hamburg und Lübeck entlang der Bundesautobahn 1 („Variante A1“) ist gleichfalls nicht zu beanstanden. Diese Variante würde ein anderes Vorhaben („Aliud“) betreffen, so dass von einer Alternative nicht mehr gesprochen werden kann.
Soweit eine fehlerhafte Planung der Horner Verbindungskurve beanstandet wurde, hat die Beklagte im Planfeststellungsbeschluss die Erforderlichkeit des zweigleisigen Ausbaus der Kurve für das Vorhaben und seine Eignung, die entstehenden Verkehre zu bewältigen, plausibel dargelegt.
Zudem haben die Kläger die der Planung zugrundeliegenden Verkehrsprognosen nicht erschüttert; dies gilt auch für die Prognosen hinsichtlich des Fahrgastaufkommens an den neu geplanten Haltepunkten.
Schließlich war der geplante Bau von Wendehämmern an einer von dem Vorhaben berührten Straße rechtlich nicht zu beanstanden.
Dazu Ole Thorben Buschhüter, verkehrs-politischer Sprecher der SPD-Bürger-schaftsfraktion: „Ich freue mich riesig über die heutige Entscheidung des Bun-desverwaltungsgerichts. Die S4-Planung ist rechtmäßig und nicht zu beanstanden. Dass alle Klagen abgewiesen wurden, spricht für eine solide und gut abge-wogene Planung. Nun steht dem bereits begonnenen Bau der S4 nichts mehr im Weg. Mein Dank gilt allen Beteiligten, die den Bau möglich gemacht haben – das lange Warten hat sich gelohnt. Über zwanzig Jahre hat die ‚S4-Initiative‘ für die Schnellbahn gekämpft. Über die Jahre ist es ihr gelungen, alle relevanten politischen Kräfte in Hamburg und Schleswig-Holstein für ein überparteili-ches und länderübergreifendes Bündnis zum Bau der S4 zu gewinnen. Das ist ein beispielloser Erfolg. Dass auf der Strecke Lübeck-Hamburg auch weiterhin Güterverkehr stattfinden wird, ist kein Grund zur Sorge – im Gegenteil: Güterverkehr gehört auf die Schiene und mit dem Bau der S4 werden entlang der Strecke umfangreiche Lärmschutzmaßnahmen realisiert. So wird es künftig trotz zunehmender Zugzahlen deutlich leiser sein. Die S4 wird bis zu 250.000 Menschen in Wandsbek, Marienthal, Tonndorf und Rahlstedt sowie im Kreis Stormarn an das Hamburger Schnellbahnnetz anschließen und damit auch das Umland dichter an die Metropole heranführen. Zugleich fügt sie sich nahtlos in unser Konzept des Hamburg-Takts ein. Die Fahrgäste erhalten ein dichtes, gut erreichbares und hervorragend getaktetes Nahverkehrsangebot. Mit ihrem 10-Minuten-Takt wird die S4 für viele Pendlerinnen und Pendler um Längen attraktiver sein als die störungs-anfällige und selten fahrende Regionalbahn-Linie RB81. Damit wird die S4 ganz wesentlich zur Mobilitätswende und zum Klimaschutz in der Metropolregion beitragen.“
Arnold Harmsen, Vorsitzender des Vereins Lärm- und Umweltschutz Wandsbek-Marienthal zeigte sich demgegenüber tief enttäusch und warf dem Bundesver-waltungsgericht eine „extrem voreingenommene“ Verhandlungsführung vor. An einer Ermittlung von Tatsachen und den Grundlagen der Planfeststellung hätte kein Interesse bestanden, „da diese zu einer Aufhebung der Planfeststellung hätten führen können.“ Die Anwälte aller vier klagenden Parteien seien erschüttert. „Für die mindestens 2 Mrd., die“ – nach Ansicht von Harmsen – „sinnlos aus-gegeben werden, könnten alle Schäden an der Bahninfrastruktur in Nordrhein-Westfalen und in Rheinland-Pfalz beseitigt werden.“ Er ging so weit, zu behaupten, „dass (…) einer Willkürjustiz Tür und Tor geöffnet“ würde, ohne hierfür tatsächlich ernstzunehmende Hinweise zu nennen.
Marc Buttler
Beitragsbild: Ole Thorben Buschhüter