Die Corona-Pandemie zwingt auch den alltäglichen Betrieb in der Bezirkspolitik zu Einschränkungen.
Einzelne Bezirke führen Sitzungen bisher fast nur noch in digitaler Form und unter Ausschluss der Öffentlichkeit durch.
Um die Beteiligungsmöglichkeiten der Bürgerinnen und Bürger in Zeiten der Pandemie zu stärken, hatte u.a. der Hauptauschuss der Bezirksversammlung Wandsbek im Januar einstimmig eine Änderung des Bezirksverwaltungsgesetzes (BezVG) gefordert.
Mitte letzten Jahres hatte die Bürgerschaft temporär die Durchführung digitaler Sitzungen geregelt, hierbei aber unverständlicherweise festgelegt, dass diese dann nur nichtöffentlich stattfinden dürften. Im Dezember änderte die Bürgerschaft abermals das BezVG und beschloss, dass (Präsenz-)Sitzungen der Bezirksversammlungen und ihrer Ausschüsse in das Internet übertragen werden dürften.
In der Praxis findet dies für die meisten Bezirksversammlungen bereits jetzt statt. Die Regelungen hinsichtlich der Nichtöffentlichkeit digitaler Ausschusssitzungen änderte das Landesparlament dabei nicht. Hieran entzündete sich die Kritik einiger Bezirke.
In Wandsbek, wo fraktionsübergreifend für die Öffentlichkeit gestritten wird, behalf man sich vorübergehend mit einer Regelung, welche die Hinzuziehung „sachkundiger Bürger“ auch in nichtöffentlicher Sitzung ermöglichte. Ein Ansatz, der das bezirkliche Rechtsamt zu der Idee motivierte, im Gegenzug zu fordern, das Pressevertreter dann zwar teilnehmen, aber nicht berichten dürften.
Auf die bezirklichen Hinweise reagierte die Bürgerschaft erfreulicherweise binnen zwei Wochen mit einer weiteren Gesetzesänderung und beschloss am 27. Januar eine dritte Änderung des BezVG binnen eines Jahres, die es den Bezirken nun per Beschluss ermöglicht, digitale Sitzungen ab jetzt öffentlich durchzuführen.
Dieser Antrag von Grünen, SPD und CDU stärkt die Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern in der Bezirkspolitik, die nun auch gesetzeskonform zum Beispiel über Live-Streaming oder als aktiv Beteiligte mit Fragerecht in Bürgerfragestunden teilnehmen können.
Dazu Anja Quast, bezirkspolitische Sprecherin der SPD-Bürgerschaftsfraktion: „Die Auswirkungen der Corona-Maßnahmen stellen die Hamburger Bezirkspolitikerinnen und -politiker vor Herausforderungen, die es so noch nie gegeben hat. Deshalb haben wir bereits im Dezember 2020 zusätzliche Mittel in Höhe von 250.000 € bereitgestellt, mit denen etwa Live-Streams eingerichtet oder größere Räumlichkeiten angemietet werden können. Darüber hinaus haben wir im Januar 2021 die rechtlichen Voraussetzungen dafür geschaffen, dass digitale Sitzungen bis zum 31. Oktober öffentlich abgehalten werden können. Die Transparenz politischer Entscheidungen ist auch auf Bezirksebene eine immens wichtige Basis für das Vertrauen in unsere Demokratie, die wir vor dem Hintergrund der Pandemie nicht vernachlässigen dürfen.“
Die rot-grünen Regierungsfraktionen haben den Bezirken jährlich 250.000 € für pandemiebedingte Sonderbedarfe zur Verfügung gestellt. So können beispielsweise externe Säle angemietet, Trennwände angeschafft oder Schnelltests für Mitglieder und Gäste finanziert werden.
Auch Live-Streaming digitaler wie analoger Sitzungen ist hieraus finanzierbar. Wegen der aktuell hohen Inzidenzzahl entschieden sich alle Bezirksversammlungen, Fachausschüsse aktuell digital durchzuführen. Einige der Bezirke möchten auch ihre Bezirksversammlungen digital durchführen, andere ersetzen sie durch ihre Hauptausschüsse, einige tagen unter verschärften Hygieneschutzbedingungen in größeren Sälen oder durch freiwillige Selbsttestungen.
Digitale Sitzungen können durch Beschluss der Bezirksversammlungen oder der sie vertretenden Hauptausschüsse nun öffentlich tagen. Hierbei obliegt es den einzelnen Bezirksversammlungen, Öffentlichkeit durch Live-Streaming oder direkte Teilnahme in den digitalen Kommunikationstools herzustellen. Bezirksver- sammlungen können in öffentlichen Sitzungen Gelegenheit geben, an die Mitglieder Fragen zum Gegenstand der Beratungen zu stellen, dies gilt gleichermaßen für öffentliche digitale Sitzungen.
In Wandsbek ändert die Bezirksversammlung daraufhin nur einen Tag nach dem Bürgerschaftsbeschluss und noch vor Verkündung des Gesetzes am 28. Januar ihre Geschäftsordnung und legte fest, dass auch digitale Sitzungen grundsätzlich öffentlich stattfinden sollen.
Die jetzige Regelung ist vorerst bis Ende Oktober befristet und soll evaluiert werden, diesmal dann auch mit den Bezirken. Hierbei sollte, so die Wandsbeker Position, auch geprüft werden, welche Regelungen mit dem Ende der Pandemie beibehalten werden können.
Insbesondere Hybridsitzungen, die im Bezirk Wandsbek schon im Regionalausschuss Bramfeld-Steilshoop-Farm- sen-Berne durchgeführt wurden, bieten dabei die Möglichkeit Sitzungen familienfreundlicher zu gestalten und externe Referenten unkompliziert zuschalten zu können. Bei Hybridsitzungen sind Teilnehmer*innen sowohl vor Ort als auch digital zugeschaltet, für die Öffentlichkeit kommen ebenfalls beide Varianten in Frage.
Die Durchführung von Hybridsitzungen stößt übrigens nicht in jedem bezirklichen Rechtsamt auf Freunde, besonders ein Bezirk im Westen der Stadt vertritt dort eine ganz andere Position, als andere Bezirke. Bleibt als Spielraum für weitere Klarstellungen durch die nun grün geführte Bezirksbehörde oder notfalls weiterer gesetzlicher Regelungen.
Marc Buttler