Das stand im Berner Boten vor 50 Jahren (Nov. 1969)
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Farmsen-Berne vor fünfzig Jahren.
Im November 1969 befasst sich der Berner Bote u.a. mit dem „Bürgerpräsident“ Heinemann.
Zitate aus dem Berner Boten von November 1969
Ungezwungen
Bundespräsident Heinemann überzeugte auch in Bayern (Seiten 3 und 4 –Auszug–)
Seit Wochen vertritt ein Präsident die Bundesrepublik, dessen neuer Stil Überraschung und unverhohlene Achtung hervorruft. Nicht nur die Reden Dr. Heinemanns bei den verschiedenen Gegeben- heiten lassen das Amt des höchsten Repräsentanten in einem ungewöhnlichen Licht erscheinen, auch die frische und unkonventionelle Art, mit der er sich über allzu eng ausgelegte protokollarische Vorschriften hinwegsetzt, fällt allgemein auf. Die natürliche Autorität und selbstverständliche Würde, die Heinemann dabei ausstrahlt, nötigt selbst seinen Gegnern Anerkennung ab.
Berner Bote, November 1969
Dass es Dr. Heinemann gelingen wird, als „Bürgerpräsident“ ein neues Verhältnis des Bürgers zum Staat zu schaffen, beweist die Reaktion der Bevölkerung bei seinen ersten Staatsbesuchen.
Auch der Ablauf seines dreitägigen Besuchs in Bayern deutet darauf hin, dass Dr. Heinemann ein populäres Staatsoberhaupt zu werden verspricht. Unwillkürlich drängte sich dem Beobachter ein Vergleich zwischen dem Antrittsbesuch Heinemanns und dem Abschied Lübkes vor wenigen Wochen auf. Die Unterschiede wurden insbesondere bei der äußeren Repräsentation sichtbar. Der Empfang im Antiquarium der Residenz durch die bayerische Staatsregierung verlief ungewohnt ungezwungen.
Während sich bisher die Herren in den Frack zwängten und Orden ihre Brust schmückten, erschienen sie auf Wunsch Heinemanns diesmal nur im Smoking.
Kein Absperrgitter verhinderte den unmittelbaren Kontakt mit der Bevölkerung. Es fehlten diesmal auch die Ehrenhundertschaft der bayerischen Bereitschaftspolizei und der rote Teppich. Weder die National- noch die Bayernhymne, bei solchen Anlässen sonst üblich, erklangen. Der bayerische Ministerpräsident erklärte auf die erstaunten Fragen nach diesem außergewöhnlichen und ungezwungenen Stil: Der Bundespräsident hat es so gewollt.
Die Ansprachen Dr. Heinemanns bei den verschiedenen Anlässen überzeugten durch ihren tiefen Sinn. Sein klares Bekenntnis zum föderalistischen Aufbau der Bundesrepublik wurde gerade in Bayern beifällig aufgenommen.
Bilanz des zweiten Staatsbesuches: die moderne und sachliche Art des „Bürgerpräsidenten“ verleiht dem Amt ein neues Ansehen. Die Repräsentation der Bundesrepublik durch Dr. Heinemann wird nicht nur in Deutschland Aufsehen erregen.
Anmerkung der Redaktion:
Gustav Heinemann (1899-1976)
Nach dem Krieg war er zunächst Mitbegründer der CDU. Später gründete Heinemann die pazifistische Gesamtdeutsche Volkspartei mit und schloss sich 1957 der SPD an.
Von 1946-1949 war er Oberbürgermeister von Essen und von 1949-1950 Bundesminister des Innern. Wegen der von Konrad Adenauer eingeleiteten Wiederbewaffnung der Bundesrepublik trat er 1950 zurück.
1966-1969 Bundesminister der Justiz.
1969-1974 dritter Bundespräsident der Bundesrepublik Deutschland.
Danksagung
In unserem Berner Leben
war Nehmen und wohl Geben,
dessen Mühe uns nicht reut
aus all der schönen Zeit.
Nun sei nicht übertrieben
und weiterhin geblieben,
denn vieles Neues kommt,
das einem Jüngeren frommt.
Es ist soviel Geschehen
an Kommen und an Gehen
mit Tapferkeit und Herz,
voll Freude und voll Schmerz.
So lohnte es am Ende.
Wir geben in die Hände
des Nächsten unser Glück
in Dankbarkeit zurück.
Dr. W. Helms und Frau
Die vorstehenden vier Strophen übersandte uns Dr. Helms als Antwort auf die Würdigung seiner Person in der Oktober-Ausgabe des Berner Boten.
Anmerkung der Redaktion:
Dr. Helms war Arzt und Geburtshelfer in Berne von 1926-1969.
Nachruf
Am 1. Oktober 1969 verstarb unser Genosse Fritz Krug im 81. Lebensjahr nach kurzer schwerer Krankheit.
Fritz Krug gehörte der SPD seit 1911 an und hatte aus seiner sozialdemokratischen Gesinnung nie einen Hehl gemacht, so dass er 1933 nach dreijähriger Tätigkeit als Hausmeister der Berner Schule wegen „politischer Unzuverlässigkeit“ von den Nazis entlassen wurde. Die Dienstwohnung musste geräumt werden und erst im Oktober 1933 konnte Fritz Krug mit seiner Familie in das Gartenhaus Kuhkoppel 6 einziehen, in dem er bis zu seinem Tode wohnte. 4 1/2 Jahre war er während der Nazizeit arbeitslos. Das waren schwere und entbehrungsreiche Zeiten für ihn und seine Familie. Nach dem Zusammenbruch 1945 baute Fritz Krug die SPD in Berne als Organisationsleiter mit auf und führte viele Jahre hindurch den Bezirk 1 als Vorsitzender. Er half mit beim Aufbau des FTSV Berne, förderte den Volkschor Berne und war Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr. Als Angestellter im Wohnungsamt bei der Ortsdienststelle in Farmsen konnte er nach dem 2. Weltkrieg bis zu seiner Pensionierung im Jahre 1954 so manchem Berner helfen.
Wir verlieren mit Fritz Krug einen aufrechten Sozialdemokraten, der das Wohl anderer immer über sein eigenes stellte.
Fritz Krug wir danken Dir.
SPD Distrikt Berne
Anmerkung der Redaktion:
Fritz Krug ereilte ein Schicksal, das auch eine Vielzahl von anderen Menschen in Deutschland während der Nazi-Herrschaft traf. Die Demokratie war zerstört und die Hitler-Diktatur duldete keine andere politische Meinung. Viele wurden willkürlich verhaftet und meistens wegen Vorbereitung zum Hochverrat und Verstoß gegen das Gesetz gegen die Neubildung von Parteien angeklagt und neben dem Verlust des Arbeitsplatzes erheblich härter bestraft: Schutzhaft, Gefängnis, Zuchthaus, KZ, Bewährungsbataillon, Ermordung.
Auch in Berne gab es bei Sozialdemokraten und Kommunisten Verfolgungen durch das Terrorsystem der Nazi-Diktatur. Hier seien von den 16 der Redaktion bekannten Mitbewohnern nur diejenigen erwähnt, die es am Härtesten traf:
Käthe und Richard Tennigkeit
umgekommen in Gestapo-Haft 1944,
Ernst Ehrenpfordt (2 Jahre Gefängnis),
Richard Gatermann (2 Jahre KZ,
am 5. April 1945 im Bewährungsbataillon
in Russland gefallen),
Willi Grießbach (3 Jahre KZ),
Friedrich Hauto (3 Jahre Zuchthaus),
Wilhelm Lübcke (3 1/2 Jahre Zuchthaus
KZ),
Jonni Schacht (3 Monate Schutzhaft,
2 Jahre 9 Monate Zuchthaus,
2 1/2 Jahre Bewährungsbataillon).
Ende der Zitate aus dem Berner Boten vom November 1969 Heiner Widderich
Monatszeitschrift für Farmsen-Berne und Umgebung, November 2019
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