Farmsen-Berne vor fünfzig Jahren.
+++ Spiel mit der Mark +++ Wohnungsbau wird groß geschrieben +++ zwei neue Fahrzeugen der Müllabfuhr +++ „Schnee- und Eisarbeiten“ +++ 22 000 Gaslaternen in Hamburg +++ SPD wünscht gute Fahrt! +++ Sicherheit am Auto +++
Zitate aus den Berner Boten von Juli und August 1969
Spiel mit der Mark
(Auszug Seiten 10/11, BB Juli 1969)
Ein Kanzlerwort wurde gehalten, das besser nie gegeben worden wäre. Dass eine Währung im Ansehen steigt, die anderen überflügelt, ihren Wert erhöht – das sind Tatbestände, an denen Versprechen nichts ändern. Insofern schob Kiesinger von vornherein mit seinem Versprechen das Problem auf ein falsches Gleis. Und der Rat des Wirtschaftsministers Karl Schiller, die Mark aufzuwerten, wird eher als der CDU/CSU lieb ist, wieder zur Debatte stehen.
Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass von Seiten der CDU mit der ungenügenden Kenntnis von währungspolitischen Zusammenhängen ein reichlich frivoles Spiel getrieben wurde.
Die Zeche für die von Schiller gewollte, vom Kanzler aber zurückgewiesene Aufwertung der Mark wird somit der Verbraucher mit höheren Preisen zahlen! Aber sage dann hinterher keiner, dass wäre das Ergebnis sozialdemokratischer Wirtschaftspolitik. Es wird allein das Ergebnis eines falschen Kanzlerversprechens sein.
Nebenbei – für den Bundesbürger, der seinen Urlaub in den nächsten Wochen vielleicht im Ausland verbringen will, hätte die Aufwertung sogar einen direkten Gewinn gehabt: Er hätte mehr Devisen für seine Mark erhalten und im Ausland entsprechend billiger gelebt. Ihre Ilse Elsner, MdB
Anmerkung der Redaktion:
Ilse Elsner, SPD (1910-1996)
Journalistin (Hamburger Echo, Die Welt)
Sie war von 1961-1970 Mitglied des Deutschen Bundestages sowie von 1970-1974 Senatorin in Hamburg.
Kurt Georg Kiesinger, CDU (1904-1988) Bundeskanzler der ersten Großen Koalition aus CDU/CSU u. SPD von 1966-1969.
Prof. Dr. Karl Schiller, SPD (1911-1994) Bundeswirtschaftsminister 1966-1972.
Wohnungsbau wird groß geschrieben
(Auszug Seiten 12/13, BB Juli 1969)
Wir haben in Dr. Lauritz Lauritzen einen Bundesminister, auf den das Wort zutrifft, er baue an der Zukunft.
Bauforschung
1968 ließ er Sie in der Wohnungszählung befragen. Es galt, Bestand und Bedarf an Wohnraum genau zu ermitteln, damit man heute für morgen planen kann. Deshalb verstärkt er auch die Mittel für die Bauforschung. 1970 werden es 5,0 Millionen DM sein. Bauforschung hilft, das Bauwesen zu rationalisieren und zu industrialisieren. Das senkt die Kosten Ihrer künftigen Wohnung oder Ihres Eigenheimes. Bei einzelnen Bauvorhaben konnten so bereits 20 Prozent der Baukosten eingespart werden.
Wir bauen weiter
Jährlich werden es auch in Zukunft mindestens 400 000 Wohnungen sein, davon 200 000 Wohnungen im sozialen Wohnungsbau.
Es reicht nicht aus, dass nach Gründung der Bundesrepublik Deutschland bereits 10,5 Millionen Wohnungen neu gebaut worden sind. Der Bedarf ist noch nicht gedeckt.
Städtebauförderungsgesetz
Deshalb setzt er sich so stark für das Städtebauförderungsgesetz ein. Die Gemeinden warten schon lange auf ein solches Instrument. Es wird ihnen helfen, für die Zukunft ihrer Bürger zu bauen; und es wird den Prozeß vorantreiben, die Städte und Dörfer wieder zu Lebenszentren zu machen.
Wohngeld hilft
Das Wohngeld hilft, Ihre Mietbelastung zu senken. Greifen Sie zu, wenn Sie einen Anspruch haben. Wohngeld ist keine Fürsorgeleistung, sondern ein Instrument gezielter Wohnungspolitik im Sozialstaat.
Dass dies auch künftig so bleibt, dafür sorgt die SPD.
Anmerkung der Redaktion:
Lauritz Lauritzen, SPD (1910-1980)
Bundesminister für Wohnungswesen und Städtebau von 1966-1972
Das Städtebauförderungsgesetz wurde erst 1971 erlassen. Der Bund verpflichtete sich darin, ein Drittel der Kosten zu übernehmen, ein Drittel trug das Land, das letzte Drittel musste die Gemeinde finanzieren.
Hamburger Mosaik
(Auszug Seite 14, BB Juli 1969)
Müllabfuhr
Für die Beschaffung von zwei Fahrzeugen der Müllabfuhr hat die Bürgerschaft zusätzlich 815 000 DM bewilligt. Durch die Arbeitszeitverkürzung im öffentlichen Dienst von 44 auf 43 Wochenstunden ab 1. Januar 1969 ist bei der Müllabfuhr neben einem erhöhten Personalaufwand ein zusätzlicher Bedarf an Müllwagen und -gefäßen eingetreten.
Der „Schnee“-Winter kostete Hamburg viel Geld
Für das Betriebskonto „Schnee- und Eisarbeiten“ forderte der Senat 6 787 000 DM, für die Beseitigung von Winterschäden an Straßen 5 110 000 DM bei der Bürgerschaft als Nachforderungen an. Wegen des langen und strengen Winters 1968/69 mussten die Haushaltsansätze für den Winterdienst bereits überschritten, die für die Straßenunterhaltung schon jetzt in ungewöhnlichem Umfang in Anspruch genommen werden. Allein an Streugut wurden rund 26 700 t Streusalz und rund 3 3000 cbm Sand verbraucht. Weitere Kosten entstanden durch den Einsatz zusätzlicher Arbeitskräfte und einen erhöhten Verschleiß von Geräten.
Elektrische Straßenbeleuchtung
Die noch vorhandenen rund 22 000 Gaslaternen in Hamburg sollen durch elektrische Straßenbeleuchtung ersetzt werden. Mit der Umstellung, die bis 1984 abzu-schließen ist, soll im Jahre 1969 begonnen
werden.
Kanalisation
Im Interesse des Wohnungsbaus sollen die Nebensammler zum Sammler Ost beschleunigt werden. Es handelt sich um die Schmutzwassersammler Volksdorfer Weg, Steilshoop, Welingsbüttel, Hummelsbüttel und Poppenbüttel. Um mit dem Bau all dieser Sammler noch in diesem Jahr beginnen zu können, ist die zusätzliche Bereitstellung von Kassenmitteln in Höhe von 6,9 Millionen DM erforderlich.
Insel Neuwerk
Auf der Insel Neuwerk sollen Sielleitungen und ein Klärwerk für die Schmutzwasserbeseitigung gebaut werden. Bisher gibt es eine solche Anlage auf der Insel nicht. Die Gesamtkosten betragen 700 000 DM. Der Bund wird 200 000 DM übernehmen.
Hafenerweiterungsgebiet
Im Hafenerweiterungsgebiet muss das Marsch- und Niederungsgelände aufgehöht werden, bevor es der Wirtschaft zur Nutzung überlassen werden kann. Das geschieht durch Aufspülung von Baggergut und durch Aufschütten von Aushubboden, der durch vermehrte private Bautätigkeit günstig anfällt. Nachdem in letzter Zeit große Flächen für die Ansiedlung von Betrieben im Hafenerweiterungsgebiet vergeben worden sind, muss der Vorrat an fertigen Flächen möglichst schnell wieder vergrößert werden.
SPD wünscht gute Fahrt!
(Seite 1, BB August 1969)
Der Sozialdemokrat Georg Leber hat als erster Verkehrsminister in Deutschland ein umfassendes Verkehrspolitisches Programm (Leber-Plan) vorgelegt, das von den anderen Parteien und einer starken Lobby hart bekämpft, trotzdem aber von der SPD durchgesetzt wurde. Ein besonderer Teil des Leber-Plans gilt der Verkehrssicherheit. In kurzer Zeit hat auch in diesem Bereich die sozialdemokratische Verkehrspolitik u.a. folgendes erreicht und geschaffen:
– Während des Ferienreiseverkehrs zeitweise Verkehrsbeschränkungen für schwere Lastkraftwagen auf bestimmten Autobahnstrecken und Bundesstraßen;
– steuerliche Anreize und Maßnahmen zur Verlagerung schwerer Gütertransporte von der Straße auf die Schiene;
– jährlich 250 Millionen DM zur Förderung des kombinierten Verkehrs Straße/Schiene und des Gleisanschlussverkehrs zur Entlastung des Straßennetzes;
– größere Beschleunigung der Fahrtgeschwindigkeit für Lastkraftwagen durch Erhöhung der Mindestmotorleistung von 6 auf 8 PS je Tonne;
– zur Sicherung haltender und liegengebliebener Fahrzeuge sind Warndreiecke mitzuführen;
– Ausrüstung aller Fahrzeuge mit Warnblinkanlagen, Verbandsstoff und Erste-Hilfe-Material;
– Führerscheinanwärter für die Klasse II müssen Erste-Hilfe-Kenntnisse, für die anderen Klassen Kenntnisse in den Grundzügen der Versorgung Unfallverletzter nachweisen;
– Ärztefahrzeuge sollen während des Einsatzes in Notfällen einen Dachaufsatz mit gelbem Blinklicht und der Inschrift „Arzt-Notfalleinsatz“ führen dürfen;
– ein Verkehrssicherheitsrat beim Bundesverkehrsminister soll die Verkehrssicherheit zu einem nationalen Anliegen machen und insbesondere die Verkehrserziehung koordinieren und ausbauen.
Anmerkung der Redaktion:
Georg Leber, SPD (1920-2012 )
Bundesverkehrsminister von 1966-1972, Bundespostminister von 1969-1972 und Bundesverteidigungsminister von 1972-1978, danach Bundestagsvizepräsident von 1979-1983.
Mitglied des Deutschen Bundestags von 1957-1983.
Sicherheit am Auto
(Auszug Seite 2, BB August 1969)
Der Verkehrsausschuss des Bundestages hörte viele Sachverständige zum Thema „Sicherheit am Kraftfahrzeug“. Die SPD brachte anschließend einen Antrag ein, der u.a. folgende Forderungen enthält:
– Dem Deutschen Bundestag soll jährlich ein Bericht über die Maßnahmen auf dem Gebiet der Unfallverhütung im Straßenverkehr vorgelegt werden.
– Bereits im Haushaltsplan 1970 sollen für den gesamten Bereich der Unfallforschung die Haushaltsmittel wesentlich verstärkt werden.
– Die Beschlussfassung über internationale Regelungen von konstruktiven Verbesserungen an Kraftfahrzeugen muss alsbald erfolgen.
– Bereits jetzt schon sollen folgende Maßnahmen vorgeschrieben werden:
Anbringen von Nebelschlussleuchten,
Ausrüstung bestimmter Sitze in Personenkraftwagen mit Sicherheitsgurten, unfallsichere Gestaltung des Armaturenbretts und anderer Teile des Insassenraums, Sicherheitslenksäule und
-lenkräder, Einbau von Kopfstützen und Einrichtung von Unterfahrschutz bei Lastkraftwagen.
Ende der Zitate aus den Berner Boten von Juli und August 1969
Heiner Widderich