Nach der Berufung von Olaf Scholz zum Bundesfinanzminister und Vizekanzler schlug der Landesvorstand der SPD dem Parteitag und der Fraktion vor, Dr. Peter Tschentscher zum Ersten Bürgermeister der Freien und Hansestadt Hamburg zu wählen. Der Parteitag der SPD bestätigte diesen Vorschlag am 24. März, in der Folge erfolgt die Wahl in der Bürgerschaft.
Diese Personalentscheidung kam für viele überraschend, galten doch andere als Favoriten für die Nachfolge von Olaf Scholz. Dr. Melanie Leonhard, Präses der Behörde für Arbeit, Soziales, Familie und Integration sowie neue Landesvorsitzende der SPD Hamburg, hatte schon Wochen vorher via Zeitungsinterview darauf hingewiesen, dass auf der Rückbank ihres Autos neben dem Kindersitz nur wenig Platz für Sicherheitsbeamte sei. Ein unmissverständlicher Hinweis darauf, dass die Funktion des Ersten Bürgermeisters mit familiären Verpflichtungen nur schwer in Einklang zu bringen ist.
Unter Hinweis auf seine drei kleinen Kinder erklärte auch Dr. Andreas Dressel, bisher Fraktionsvorsitzender der SPD in der Hamburgischen Bürgerschaft und von der Presse zum „Kronprinzen“ des Bürgermeisters ernannt, warum er nicht für die Aufgabe zur Verfügung stünde. Stattdessen plane er vielmehr, wie schon seit mehreren Jahren vereinbart, in den Senat zu wechseln, er wolle als Nachfolger von Peter Tschentscher Präses der Finanzbehörde werden. Einen Karriereschritt unter Hinweis auf die Familie auszuschlagen, einer solchen Entscheidung kann man nur Respekt zollen. Anders sah dies nur der CDU-Bürgerschaftsabgeordnete Carsten Ovens, mit den Aufgaben eines Bürgermeisters und Regierungsaufgaben selbst nicht besonders vertraut. Er ätzte mit Blick auf Dressel, man könne in Hamburg also nicht Bürgermeister werden, aber Finanzsenator, um sodann weiter darauf herumzureiten, dass Tschentscher ja gebürtiger Bremer sei. Na, wenn das die einzige Kritik der CDU sein soll, dann scheint der Landesvorstand der SPD ja nicht so viel falsch gemacht zu haben.
Bedauerlich nur, dass die Regie des bisherigen Bürgermeisters bei der Vorstellung seines Nachfolgers ähnlich misslang, wie schon in Berlin, die „Bild“ kannte das Ergebnis mal wieder vor der Beschlussfassung im Landesvorstand. Dieser hatte dann doch noch Diskussionsbedarf.
Marc Buttler (Berner Bote, April 2018)
Vita Dr. Peter Tschentscher
Geboren am 20. Januar 1966 in Bremen, evangelisch-lutherisch, verheiratet, 1 Kind;
1985 Abitur in Oldenburg (Niedersachsen),
Zivildienst in Wittmund (Ostfriesland);
1987 Studium der Humanmedizin und Aufbaustudium Molekularbiologie in Hamburg,
1994 Staatsexamen,
1995 Promotion,
2003 Anerkennung als Klinischer Chemiker,
2006 Facharzt für Laboratoriumsmedizin,
2008 Habilitation an der Medizinischen Fakultät der Universität Hamburg,
bis 2011 tätig als Oberarzt im Diagnostikzentrum des UKE;
1989 Eintritt in die SPD, Distrikt Mühlenkamp,
seit 2007 Vorsitzender des SPD-Kreises Hamburg-Nord und Mitglied des Landesvorstandes der SPD;
1991 bis 2008 Mitglied der Bezirksversammlung Hamburg-Nord,
1999 bis 2008 Vorsitzender SPD-Bezirksfraktion,
2008 bis 2011 Mitglied der Hamburgischen Bürgerschaft, stellvertretender Vorsitzender und finanzpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion;
23. März 2011 Berufung zum Senator und Präses der Finanzbehörde