Farmsen-Berne vor fünfzig Jahren.
Im April 1974 berichtete der Berner Bote im Schwerpunkt von den Bürgerschaftswahlen, bei denen die SPD – trotz stärkerer Verluste – erneut stärkste Partei geworden ist. In der Bezirksversammlung Wandsbek erzielt die SPD 40,3 % der Stimmen (1970: 51,4 %), stärkste Partei wird die CDU mit 43,4 % (1970: 35,4). Die FDP verbessert sich von 8,3 % auf 13,1 %. Die NPD erzielte 0,8%, die DKB 2,1%. Umfasste die Bezirksversammlung Wandsbek 1970 noch 50 Mandate, hatte sie nach den Wahlen 1974 nur noch 40 Abgeordnete. Die SPD erhielt 17 Mandate (bisher 27), die CDU 18 (19), die FDP 5 (4).
Herbert Wehner erläutert das geplante Jugendarbeitsschutzgesetz.
Zitate aus dem Berner Boten vom April 1974
Neues Jugendarbeitsschutzgesetz (Seite 7/8)
Der Gesetzentwurf mit dem Arbeitstitel „Jugendarbeitsschutzgesetz“, den die Bundesregierung beschlossen hat, wird zu den wesentlichsten Schwerpunkten unserer gesetzgeberischen Arbeit gehören. Für rund 1,5 Millionen Jugendliche, die im Berufsleben stehen, bedeutet die Ablösung des zur Zeit geltenden Jugendarbeitsschutzgesetzes aus dem Jahre 1960 wirksamen Schutz gegen Überforderung und Überbeanspruchung. Die Schutzvorschriften werden den heutigen sozialen und wirtschaftlichen Erfordernissen angepaßt. Die Wirksamkeit der Schutzbestimmungen wird verbessert (bisher wurden jährlich mehr als 50 000 Verstöße festgestellt, vor allem gegen die Vorschriften über die Arbeitszeit und die ärztlichen Untersuchungen). Der Arbeitsschutz wird für alle Jugendlichen – auch für jugendliche Beamte – einheitlich geregelt; bisherige Sonderregelungen für die Landwirtschaft, die Binnenschiffahrt und den Familienhaushalt werden aufgehoben. Das Mindestalter für die Zulassung zur Arbeit wird von 14 auf 15 Jahre heraufgesetzt und damit an die Entwicklung der Schulpflicht und an internationale Übereinkommen angepaßt.
Der Gesetzentwurf sieht die Einführung der Fünf-Tage-Woche für alle Jugendlichen vor. Soweit in einzelnen Wirtschaftsbereichen (z. B. im Gaststättengewerbe) die Beschäftigung Jugendlicher an Samstagen, Sonntagen und gesetzlichen Feiertagen ausnahmsweise zugelassen werden muß, ist die Fünf-Tage-Woche durch die Freistellung an einem anderen Arbeitstag der Woche zu gewährleisten. Mindestens zwei Samstage und Sonntage im Monat müssen beschäftigungsfrei bleiben.
Die Wochenarbeitszeit für alle Jugendlichen wird im Einklang mit den Erfordernissen des Gesundheitsschutzes auf 40 Stunden verkürzt. (Zur Zeit beträgt sie für Jugendliche über 16 Jahre 44 Stunden, im Familienhaushalt und in der Landwirtschaft 48 Stunden).
Der Jahresurlaub (bisher 24 Werktage) wird verlängert: Für Jugendliche bis zur Vollendung des 16. Lebensjahres auf 30 Werktage, für Jugendliche im 17. Lebensjahr auf 27 und für Jugendliche im 18. Lebensjahr auf 25 Werktage. Jugendliche im Bergbau unter Tage erhalten in jeder Altersgruppe einen zusätzlichen Urlaub von 3 Werktagen.
Die gesundheitliche Betreuung wird durch das Angebot jährlicher ärztlicher Untersuchungen erweitert. Über die beiden bisherigen Pflichtuntersuchungen (vor dem Eintritt in das Berufsleben und nach einjähriger Beschäftigung) hinaus kann sich der Jugendliche im jährlichen Abstand freiwillig nachuntersuchen lassen. Für alle Untersuchungen kann der Arzt frei gewählt werden; die Kosten der Untersuchungen trägt das Land.
Durch eine stärkere Einbeziehung der Arbeitgeber-, Arbeitnehmer- und Jugendverbände in die Aufgaben des Jugendarbeitsschutzes wird die Wirksamkeit des Jugendarbeitsschutzes erhöht. Der Aufgabenbereich der Jugendarbeitsschutzausschüsse bei den Landes-Arbeitsministerien wird erweitert und zusätzlich werden neue beratende Ausschüsse bei den ärztlichen Aufsichtsbehörden gebildet.
Das sind einige der markanten Punkte des Gesetzentwurfs. Es darf erwartet werden, daß die Beratungen im Parlament starkes öffentliches Interesse finden. Eine Ankündigung der Regierungserklärung von Bundeskanzler Willy Brandt vom 18. Januar 1973 findet ihre Verwirklichung.
Herbert Wehner
Vorsitzender der SPD-
Bundestagsfraktion
Zitate aus dem Berner Boten vom April 1974
Marc Buttler