Als die Hamburger Fürsorgebehörde sie Ende 1933 in die Bewahranstalt Farmsen zwangseinwies, war Erna Nakoinzer 29 Jahre alt, mittellos und stand wegen ihres unangepassten Verhaltens unter dem Verdacht, als Prostituierte zu arbeiten.
Kurz zuvor war ihre kleine Tochter gestorben. Erna Nakoinzer verließ das Versorgungsheim bis zu ihrem Tod 1986 nicht wieder.
Ein soeben erschienener Kurzfilm erzählt auf beeindruckende Weise vom Leben Erna Nakoinzers und dem anderer Hamburgerinnen und Hamburger, die Jahre bis Jahrzehnte in der Farmsener Einrichtung verbringen mussten – ein Ort der Gewalt vom Kaiserreich bis in die Bundesrepublik, an dem in der NS-Zeit bis zu 2100 Menschen zusammengepfercht wurden.
Der vom Freundeskreis KZ-Gedenkstätte Neuengamme e.V. beauftragte und von der Lawaetz-Stiftung aus dem Aktions- Initiativfonds der Lokalen Partnerschaften für Demokratie Wandsbek (im Rahmen des Bundesprogramms Demokratie leben!) geförderte Film berichtet aber nicht nur von damals. Die Filmemacher von YeahIMakeMovies! verweben vielmehr geschickt Vergangenheit und Gegenwart, denn heute dienen die inzwischen von Fördern & Wohnen und Pflegen & Wohnen betriebenen Einrichtungen an der August-Krogmann-Straße 100 nicht mehr der Exklusion unangepasster Menschen, sondern der Inklusion. Auch soll dort ein moderner Lern- und Erinnerungsort an die Opfer der Zwangsfürsorge in Hamburg entstehen. Ein Paradies ist die Welt für mittellose Menschen aber auch heute nicht. Denn noch immer gibt es die „Anderen“, auf die die Gesellschaft, wie der Psychologe Michael Wunder es eindringlich in dem Film formuliert, nach wie vor herabschaut.
Der knapp 10-minütige Film eignet sich für Erwachsene ebenso wie für Jugendliche und den Einsatz im Unterricht und lässt sich von der Website der Bezirksversammlung Wandsbek hier herunterladen: https://youtu.be/qPxuQDHZmAU.
Die Bezirksversammlung Wandsbek unterstützte die im Film gezeigte Ausstellung „Temporäre Intervention. Erinnern an Insass:innen des Versorgungsheims während der NS-Zeit“ auf dem Gelände in der August-Krogmann-Straße, die im Oktober 2023 eröffnet wurde.
Kontakt:
Freundeskreis KZ-Gedenkstätte Neuengamme e.V.
Ansprechkontakt: Hans-Joachim Klier – Hans-Joachim.Klier@t-online.de
Hamburger Stiftung Hilfe für NS-Verfolgte
Stefan Romey – stefanromey@aol.com
Frauke Steinhäuser
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Bleicherstraße 77
22767 Hamburg
T. +49 40 / 28 66 82 82
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Susanne Schwendtke – susanne.schwendtke@foerdernundwohnen.de