Es ist das erste Kabinett der Bundesrepublik mit gleich vielen Ministerinnen wie auch Ministern, das Olaf Scholz am 8. Dezember um 18 Uhr im Kanzleramt erstmals hat zusammenkommen lassen.
Dem ist die Kanzlerwahl am Vormittag, die Ernennung durch den Bundespräsidenten und die Vereidigung des Bundeskanzlers vor dem Deutschen Bundestag sowie die Ernennung und Vereidigung der Bundesministerinnen und Bundesminister vorausgegangen.
16 Ministerinnen und Minister bilden gemeinsam mit dem neunten Bundeskanzler das Bundeskabinett. Die Sozialdemokraten stellen sieben Ministerinnen und Minister, die Grünen fünf und die Freien Demokraten vier, darunter drei Männer.
Die sozialdemokratischen Ministerinnen und Minister decken wichtige Ressorts ab. Der 49 Jahre alte Niedersachse Hubertus Heil ist der einzige Minister, der sein Ressort behält. Er bleibt Arbeits- und Sozialminister mit dem größten Einzeletat der Regierung. Ihm obliegt vor allem die Umsetzung des 12-Euro-Mindestlohns. Das mittlerweile dritte Ministerium erhält Christine Lambrecht. Die 56-jährige bisherige Justiz- und, seit Franziska Giffeys Rückzug nach Berlin, auch amtierende Familienministerin übernimmt das Verteidigungsministerium. Das bisher von den Konservativen geführte Ministerium bietet im wahrsten Sinne viel Zündstoff. Die erfahrene Ministerin will sich um eine ordentliche Ausstattung der Truppe bemühen und dafür Sorge tragen, dass bei künftigen Auslandseinsätzen auch gleich eine Exit-Strategie überlegt wird. Außerdem wird sie mit den rechtsextremen Vorfällen umgehen müssen, die in der Vergangenheit das Ansehen der Bundeswehr erschüttert haben.
„Er wird es“ hat Olaf Scholz zwei Tage vor seiner Wahl gesagt und meinte damit Karl Lauterbach. Der mehrfach promovierte Arzt und Immunologe ist neuer Gesundheitsminister und erfährt in der Bevölkerung eine hohe Zustimmung – trotz oder eben auch gerade wegen seiner ungeschönten und in den allermeisten Fällen leider zutreffenden Prognosen. Wohl nie war ein Gesundheitsminister fachlich so herausragend geeignet und anerkannt – selbst über die Parteigrenzen hinaus – und seine Berufung hat bei vielen Menschen zum Aufatmen geführt.
Kabinettserfahrung bringt die 53 Jahre alte neue Ministerin für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung bereits mit. Die, wie auch Karl Lauterbach, aus NRW stammende bisherige Umweltministerin Svenja Schulze übernimmt damit ein Ministerium, das für die globale Zusammenarbeit ähnlich wichtig ist wie das Auswärtige Amt – allerdings meist eher im Verborgenen wirkt. Ihr zur Seite steht übrigens ein Hamburger: Der Eimsbüttler Bundestagsabgeordnete und bisherige Staatsminister im Auswärtigen Amt, Niels Annen, wird als Parlamentarischer Staatssekretär seine Erfahrungen und Kenntnisse auf internationaler Bühne einbringen können.
Für das so wichtige Thema Wohnungspolitik zeichnet die 45 Jahre alte Brandenburgerin Klara Geywitz Verantwortung. Sie bringt vor allem die kommunal- und lan- despolitische Erfahrung in das Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen ein, das ebenfalls eines der wichtigen Wahlversprechen der SPD zu erfüllen hat, nämlich die Realisierung des öffentlich geförderten Wohnungsbaus und von besseren Rahmenbedingungen für das Bauen im Allgemeinen.
Der letzte sozialdemokratische Minister in der Reihe hält die Hamburger Fahne hoch: Wolfgang Schmidt, 51 Jahre alt, ist der Macher im Hintergrund. Der bisherige Staatssekretär im Bundesfinanzministerium und vorherige Hamburger Staatsrat beim Bund ist einer der langjährigsten Wegbegleiter des vierten sozialdemokratischen Kanzlers und gilt als Strippenzieher und Stratege. Der Bundesminister leitet als Chef des Bundeskanzleramtes die Regierungszentrale und übernimmt insbesondere auch die Abstimmung mit den anderen beiden Koalitionspartnern.
Wer die Regierungsübernahme in Bildern verfolgt hat, konnte die hohe Professionalität und den Respekt erkennen, der von allen Seiten aufgebracht wurde. Vielen sind noch die Bilder eines demokratisch abgewählten Donald Trumps im Kopf, der wenige Monate zuvor mit legalen und auch anderen Mitteln versucht hat, einen Wechsel im Weißen Haus zu verhindern. Demgegenüber haben sich gerade die Minister der CDU außerordentlich kollegial verhalten, ihre Ministerien gut übergeben und die Tatsache, dass der gesamte Deutsche Bundestag – mit Ausnahme der rechtsextremen AfD – der Bundeskanzlerin mit stehendem Applaus zum Abschied seinen Respekt und seine Anerkennung gezollt hat, ist sicherlich ein Beweis für die funktionierende Demokratie in unserem Land. Und darauf können wir alle einmal ganz besonders stolz sein.
Lars Pochnicht