Auch dieses Jahr hat die Bezirksversammlung Wandsbek am 27. Januar der Opfer des Nationalsozialismus gedacht. Aufgrund der COVID-19-Pandemie dieses Mal in einem anderen Format als Live-Stream im Internet.
Es wurde das neue Buch „Widerstand in Wandsbek 1933-1945“ von Stefan Romey vorgestellt. Das Buch stellt 60 Frauen und Männer aus dem Bezirk Wandsbek vor, die in unterschiedlichen Arten dem Nationalsozialismus Widerstand geleistet haben. Es handelt sich um Beispiele aus 18 Stadtteilen, die aus allen gesellschaftlichen Bereichen stammen.Der Autor Stefan Romey hat ein Jahr lang ehrenamtlich daran gearbeitet, die Geschichten zusammenzutragen. Anlass dazu war die Initiative der Wandsbeker Christuskirche, an der Schloßstraße in Wandsbek ein Denkmal für den Widerstandskämpfer Helmuth James Graf von Moltke zu errichten. Die Bezirksversammlung sprach sich daraufhin dafür aus, einen zentralen öffentlichen Ort des Gedenkens und der Erinnerung für alle Widerstandskämpfer in Wandsbek zu schaffen.
In der Veranstaltung wurden exemplarisch drei Beispiele aus dem Buch vorgestellt. Den katholischen Priester Johannes Prassek, der in Volksdorf und Rahlstedt aktiv war und nach einer Denunziation hingerichtet wurde. Außerdem die Gewerkschafterin und Kommunistin Käthe Tennigkeit aus Berne. Sie und ihr Mann Richard Tennigkeit versteckten Verfolgte in ihrem Haus und organisierten Treffen. Sie wurde 1944 verhaftet und wurde erhängt in ihrer Zelle aufgefunden. Richard Tennigkeit starb 1944 im Konzentrationslager Neuengamme.
Ich durfte in dieser Veranstaltung meinen Großvater Friedrich Hauto vorstellen. Friedrich Hauto wurde am 27. Oktober 1908 in Hamburg geboren. Sein Vater war Mitglied in der SPD und starb im Ersten Weltkrieg.
Friedrich war gelernter Elektriker, engagierte sich in der Gewerkschaft und ab 1930 in der SPD und im Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold. Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten unterstützte er die dann illegale Parteiarbeit der SPD. In seiner Wohnung fanden illegale Zusammenkünfte und Besprechungen von SPD-Genossen statt. Sein Rundfunkgerät diente zum Abhören ausländischer Sender. Er wurde Kurier der Eilbeker Widerstandsgruppe und verteilte sozialistische Zeitschriften wie den Neuen Vorwärts, die Sozialistische Aktion und die Roten Blätter für die er die Titelblätter zeichnete.
Am 28. März 1934 heiratete er meine Großmutter Grete Ziedelmann, die ebenfalls die Partei und ihn unterstützte. Ihr Sohn Harry kam am 5. Mai 1935 zur Welt. Die Gestapo ging in dieser Zeit gezielt gegen aktive Sozialdemokraten vor. Friedrich wurde am 11. Oktober 1935 verhaftet, ins KZ Fuhlsbüttel und ins Untersuchungsgefängnis Holstenglacis verbracht und wie sein Stiefvater Otto Johnson, wegen „Vorbereitung zum Hochverrat“, zu dreieinhalb Jahren Zuchthaus verurteilt. Die Haftzeit saß er im Aschendorfer Moor, unter unwürdigen Bedingungen ab. Für den Zeitraum der Haft wurden ihm die bürgerlichen Ehrenrechte aberkannt. Später wurden ihm diese „wiederverliehen”, damit er – nach einem vorgetäuschten Gesinnungswandel, um einer weiteren Haft zu entgehen – als Soldat eingezogen werden konnte. Nach dem Krieg traf er seine Frau in Hamburg wieder und zog mit ihr in die Gartenstadt Hamburg in Berne.
Am 9. Oktober 1947 wurde mein Vater Harm-Dieter geboren. In dem Haus im Karlshöher Weg wohnen meine Eltern heute noch. Mein Großvater beteiligte sich am demokratischen Wiederaufbau und engagierte sich erneut in der SPD. Ich bin in einer politischen Familie aufgewachsen, in der Demokratie und der Sinn für das Ge-meinwohl gelebt werden. Dies ist zum großen Teil das Verdienst meines Großvaters. Ich freue mich, dass mit dem nun vorliegenden Buch Widerstand in Wandsbek das Gedenken an sein Leben und sein Wirken und an all die anderen Personen lebendig gehalten wird.
Das Buch „Widerstand in Wandsbek 1933-1945” von Stefan Romey ist kostenfrei bei der Geschäftsstelle der Bezirksversammlung Wandsbek, Schloß-straße 60, 22041 Hamburg erhältlich, T: 040 / 428 81-23 86 oder E-Mail: bezirksversammlung@wandsbek.hamburg.de.
Der Live-Stream ist unter https://www.youtube.com/watch?v=szydhyYu80o abrufbar.
3 thoughts on “Gedenkveranstaltung an die Opfer des Nationalsozialismus”
Comments are closed.