Farmsen-Berne vor fünfzig Jahren.
Im November 1970 befasst sich der Berner Bote u.a. mit Fragen der Konjunkturpolitik, der DM-Aufwertung, der Sozialliberalen Koalition und 40 Jahre Berner Schule.
Im November 1970 befasst sich der Berner Bote u.a. mit Fragen der Konjunkturpolitik, der DM-Aufwertung, der Sozialliberalen Koalition und 40 Jahre Berner Schule.
Zitate aus dem Berner Boten vom November 1970
Konjunkturpolitik (Seite 1, Auszug)
Es ist die Aufgabe der Opposition, der Bundesregierung das Leben sauer zu machen. Es ist aber auch ihre Aufgabe, sich dem Volk als echte Alternative vorzustellen und anzubieten. Die SPD hat das vor ihrem Eintritt in die Regierungsverantwortung stets bedacht. Oft hat sie damals den Vorwurf einstecken müssen sie sei zu „lahm“. Doch wir hatten unser abgestimmtes politisches Programm. Das zeigte sich dann ja auch sehr deutlich, als wir die Regierungsverantwortung übernahmen.
Die CDU/CSU hat dagegen in den Kernfragen der deutschen Politik in unseren Tagen nichts zu bieten. Sie beschränkt sich auf Demagogie. Sie prangert an, ohne konstruktiv zu sein. So war es in der Deutschland- und Ostpolitik. Jetzt schweigt sie betroffen, beziehungsweise überläßt ihre unverantwortliche Argumentation gegen den Moskauer Vertrag ihrer zweiten Garnitur in der Provinz.
So ist es jetzt auch in der Konjunktur- und Preisdebatte. Die CDU/CSU hat der rechtzeitigen und ausreichenden DM-Aufwertung widersprochen. Niemand will und darf die Konjunkturüberhitzung in unserem Lande verniedlichen. Wenn sich jedoch die CDU/CSU in unverantwortlicher Weise exponiert, dann muss sie unseren Bürgern auch sagen, wie sie denn dem Problem unserer aktuellen Wirtschaftslage beikommen will. Hätte uns die CDU/CSU regiert, dann hätte es keine DM-Aufwertung gegeben. So ruht die Verantwortung und Hoffnung für eine vernünftige Konjunkturpolitik ausschließlich bei der sozialliberalen Koalition. Wir werden konsequent unsere Konjunkturpolitik fortsetzen und alles tun, um dem Preisauftrieb in unserem Lande zu begegnen. Es gibt jedoch für unser wirtschaftspolitisches Tun eine objektive und eine subjektive Grenze. Die objektive Begrenzung unserer Aktionsmöglichkeiten ist durch unsere wirtschaftlichen Verflechtungen mit dem Weltmarkt gegeben. Wenn die Preise überall um uns herum wesentlich schneller steigen als bei uns, können wir keine volle Preisstabilität erreichen. Unsere subjektive Grenze liegt darin, dass wir durch unsere konjunkturpolitischen Maßnahmen nicht, wie der damalige Wirtschaftsminister Schmücker von der CDU im Jahre 1966, eine gewollte Krise herbeiführen werden.
Der Demagogie der CDU/CSU sind auch in Zukunft keine Grenzen gesetzt. Nur mit Konjunkturpolitik hat das herzlich wenig zu tun. Dr. Hans Apel, MdB
Anmerkung der Redaktion
Hans Apel (1932-2011)
Eintritt in die SPD 1955
1974-1978 Bundesminister der Finanzen
1978-1982 Bundesminister
der Verteidigung
1965-1990 Mitglied des Deutschen
Bundestages als direkt
gewählter Abgeordneter des Wahlkreises Hamburg-Nord
DM-Aufwertung
Am 24.10.1969 wurde die DM um 8,5 Prozent durch die sozialliberale Bundesregierung aufgewertet. Die Dollarparität änderte sich dadurch von 4 DM auf 3,66 DM.
Sozialliberale Koalition
Nach der Wahl vom 28. September 1969 konstituierte sich erstmals in der damals 20-jährigen Geschichte der Bundesrepublik eine sozialliberale Koalition auf Bundesebene aus SPD und FDP.
Willy Brandt (SPD) wurde Bundeskanzler und Walter Scheel (FDP) Außenminister und Vizekanzler.
40 Jahre Berner Schule (Seite 4)
Vor 40 Jahren, im Oktober 1930, wurde die Berner Schule feierlich eingeweiht. Bis dahin hatten die Schulkinder aus Berne und Umgebung, besonders auch jene aus der Gartenstadt-Siedlung, die Schule in Farmsen am Berner Heerweg besucht. Für uns, die wir staunend vor dem Wachsen des Stadtteiles Farmsen-Berne stehen, schwer faßbar. Doch zu jener Zeit war Berne noch eine kleine Ortschaft mit dörf-lichem Charakter.
So war diese Schule auch nur für 250 bis 300 Schüler geplant und gebaut worden. Vom Stil und Bau her großzügig angelegt, hatte sie 8 Volksschul-Klassenräume, 2 Berufsschul-Klassenräume und eine gro-ße Zahl von Fachräumen.
Bei einer Schülerzahl von etwa 300 konnte bis zum Kriege der Unterricht reibungslos durchgeführt werden. Der Engpass, der sich während und nach dem Krieg einstellte, läßt sich bei dann plötzlich 1000 Schülern erahnen. Es musste zeitweise im Schichtunterricht bis nachmittags 17 Uhr unterrichtet werden.
Nachdem auf drängen der Schulleitung und des Elternrates 1967 die Erweiterung der Schule durch einen Neubau und 1970 durch 2 weitere Pavillons gelungen war, konnte der Schicht- und Schachtelunterricht aufgegeben werden.
Die Schulleitung, das Lehrerkollegium und der Elternrat haben sich das Ziel gesetzt, eine ähnlich großzügige Ausstattung mit Unterrichts- und Fachräumen zu erreichen, wie sie bei der Einweihung 1930 gegeben war. In den letzten Jahren ist schon ein großer Schritt in diese Richtung getan worden. Einige der bemerkenswerten Umbauten und Verbesserungen waren die Renovierung der Turnhalle, Modernisierung der Umkleide- und Duschräume, die Schaffung einer Bibliothek. An Fachräumen wurden wiederhergestellt und neu eingerichtet: Physik-, Chemie-, Nähraum sowie Werkstätten für Verarbeitung von Holz, Ton, Pappe, ein Photolabor, eine Schulküche und ein großzügiges Lehrerzimmer. Schwierigkeiten gibt es zur Zeit noch beim Sportunterricht, vor allem im Winter, da die Größe der Turnhalle nicht ausreicht, um allen Schülern 3-4 Turnstunden pro Woche zu geben. Es fehlen noch Gruppenräume für differenzierten Unterricht, Sammlungs- und Unterrichtsraum für Biologie und ein Hausmeister-Dienstzimmer.
An technischen Hilfsmitteln stehen zur Verfügung: eine Schulfunkanlage, die in jeden Klassenraum Sendungen übertragen kann, 2 Tonbandgeräte, eine Stummfilm- und eine Tonfilmanlage.
Seit 20 Jahren betreibt die Berner Schule ein eigenes Schulzeltlager.
Die Zusammenarbeit zwischen Lehrerschaft und Eltern bzw. Elternrat verläuft an der Berner Schule fruchtbar und zufriedenstellend. Dies ist besonders begründet in der tatkräftigen Mitarbeit der Elternschaft – auch bei der Vorbereitung und Durchführung der Jubiläums-Veranstaltungen. H.-P.R.
Festwoche der Schule Berne
(Seiten 5 und 6, Auszug))
Aus Anlass des 40jährigen Bestehens der Berner Schule wurde unter Leitung des Schulleiters, Herrn Reher, und Mitarbeit aller Lehrer, Schüler und vielen Eltern, vom 28.9. – 3.10.70 eine Festwoche durchgeführt.
Ich möchte hierzu einen Rückblick geben.
Montag
„Tag des offenen Unterrichts“
Alle interessierten Eltern durften sich den Unterricht in den Klassen ansehen.
Festlich wurde die Woche dann abends mit Vorträgen eingeleitet, die umrahmt waren mit Liedern aus den verschiedenen Jahrzehnten, angestimmt von den Schul-chören unter Leitung von Herrn Steinfeld und Frl. Paetzel.
Herr Frasch, der von der Einweihung der Schule bis zu seiner Pensionierung – davon viele Jahre als stellvertretender Schulleiter – tätig war, erzählte von den ersten Jahren, den Ereignissen bei der NS-Machtübernahme bis zu den Kriegsjahren.
Die Schule war mehrere Jahre lang gleichzeitig Lazarett und später Krankenhaus trotz völlig unzureichender sanitärer Verhältnisse.
Frl. Thate, die damals aus politischen Gründen die Volksdorfer Schule verlassen musste und sich Anfang der NS-Zeit an unsere Schule versetzen ließ, sprach mit sehr bewegenden Worten über die schwere Nachkriegszeit und die heute fast unvorstellbaren Zustände.
Herr Reher gab einen Bericht über die Zeit seit den 50er Jahren. Er konnte dabei außerdem einige Notizen des ersten Schulleiters, Herr Holzgren, sowie Zeitungsartikel verlesen, die mit Planung und Bau der Schule zu tun hatten.
Herr Jöhnk trug unter großem Beifall das von ihm selbstverfasste „Schulgedicht“ vor.
Herr Erling gab mit Lichtbildern einen Rückblick auf 20 Jahre Schulzeltlager.
Den Abschluss bildete der Tonfilm „Unsere Schule heute“, der von dem Schüler Nis Storjohann mit einigen Mitschülern gedreht worden war.
Dienstag
Es wurden die Vorträge vom Vortag für die Schüler wiederholt.
Abends fand ein Laternenumzug der Unterstufe statt, der mit einem großen „Lagerfeuer“ auf dem Vorplatz des Jugendheims abgeschlossen wurde.
Mittwoch
Alle Klassen machten ihren Wandertag.
Höhepunkt am Abend war das plattdeutsche Theaterstück „Dat Hörrohr“. Die Spielweise der Darsteller ließ alle unvoreingenommenen Zuschauer ganz vergessen, dass dort „nur“ Schüler und Schülerinnen einer R 10 auf der Bühne standen. Der Applaus wollte kein Ende nehmen. Frl. von Rönn darf stolz auf ihren und den Erfolg ihrer Klasse sein.
Donnerstag
Es gab die Zirkusdarbietungen fast aller Klassen, morgens für die Schüler und abends für die Eltern und Gäste.
Freitag
Vormittags wurde „Dat Hörrohr“ gekürzt und in Hochdeutsch für die Schüler wiederholt.
Abends stieg dann der Tanz für die Schüler der Mittelstufe. Die Musik dabei war wenigstens in der Lautstärke kaum zu überbieten.
Sonnabend
Der Ball der Ehemaligen und Eltern bildete den festlichen Abschluss.
Die ganze Woche war ein gut gelungenes Fest.
Im Namen aller Eltern und Freunde der Berner Schule möchte ich hiermit nochmals allen Gestaltern des Festes, voran Herrn Reher, aber auch nicht zu vergessen unserem treuen Hausmeister, Herrn Hering und seiner Frau, den besten Dank aussprechen.
Ein sehr wichtiges Ergebnis der Veranstaltungen sehe ich vor allem darin, dass der Kontakt zwischen Eltern, Lehrern und Schülern in ungezwungener Form gefördert und verbessert werden konnte.
Bernd Riemann
Elternratsvorsitzender
Anmerkung der Redaktion
Der Architekt des heute unter Denkmalschutz stehenden Hauptgebäudes der Schule Berne, Lienaustr. 32 war der Oberbaudirektor der Stadt Hamburg Fritz Schumacher. Richtfest war im August 1929 und die Einweihungsfeier fand am 23. Oktober 1930 in der Turnhalle statt. Möglich war der Bau der Schule nur, weil die Genossenschaft Gartenstadt Hamburg eG (gegründet 1919) den Berner Wald und Bauland an die Stadt Hamburg verkaufte.
Obwohl die Bevölkerung (Bürgerbegehren) und die Bezirksversammlung Wandsbek gegen eine Schließung der Berner Schule waren, wurde die Schule 2016 mit der Begründung zu geringe Schülerzahlen im Einzugsbereich und hohe Investitionskosten dennoch geschlossen.
Eine weitere Nutzung des Gebäudes für soziale Zwecke, wie von der Bezirksversammlung Wandsbek gefordert, ist in Vorbereitung, dabei könnten auch die Vorstellungen des neugegründeten Vereins Kultur- und Bildungszentrum Schule Berne e.V. mit einbezogen werden.
Weitere Informationen über die Nutzung des Schulgebäudes und der angrenzenden Flächen finden Sie in einem Artikel dieser Ausgabe des Berner Boten auf Seite 1.
Ende der Zitate aus dem Berner Boten vom November 1970
Heiner Widderich
Heiner Widderich