Farmsen-Berne vor fünfzig Jahren.
Im Sommer 1970 befasst sich der Berner Bote u.a. mit den Rüstungsbegrenzungsgespräche in Wien, dem USA-Einmarsch in Kambodscha, dem Vietnamkrieg, und den baulichen Veränderungen Wandsbek
Zitate aus den Berner Boten vom Juli und August 1970
Berner Bote Juli 1970
Der Bundestagsabgeordnete Ihres Wahlkreises, Alfons Pawelczyk, wird regelmäßig zu politischen Fragen Stellung nehmen.
Sein heutiges Thema:
Gefahr (Seiten 1 und 2, Auszug),
Rüstungsbegrenzungsgespräche in Wien, sowjetisches Kriegsmaterial nach Ägypten, USA-Einmarsch in Kambodscha!
Wer wird aus der Politik der beiden Großmächte noch klug?
Seit 1962 halten sie ihre politischen Einflussbereiche so unter Kontrolle, dass Kriege verhindert werden konnten. Europa, eine besondere Gefahrenzone, hat davon profitiert. 25 Jahre kein Krieg in Europa! Das hat es in der europäischen Geschichte noch nicht gegeben.
Trotz aller Gespräche und Bemühungen versuchen beide Großmächte ihren Rang zu behalten. D. h. sie sichern ihren Ein-flussbereich ab und bemühen sich zugleich die Regionen, die noch unentschieden sind, auf ihre Seite zu ziehen. Aktionsfelder sind seit vielen Jahren der Nahe und der Ferne Osten.
Kambodscha und Ägypten sind zwei aktuelle Schlaglichter. Die Sowjetunion hat trotz wiederholter Warnungen Nixons inzwischen ein Luftabwehrraketenregiment mit 3000 Soldaten in Ägypten stationiert. Bis zum Herbst sollen 40 Raketenstützpunkte, durch ein modernes Radarnetz verbunden, einsatzbereit sein. Verstärkt wird das System durch drei Staffeln sowjetischer Jäger vom Typ MiG 21, für die etwa 100 sowjetische Piloten in Ägypten zur Verfügung stehen. Die ägyptische Armee konnte dadurch wesentliche Kräfte an die Suezkanalfront vorziehen. Man schätzt, dass sich etwa 800-900 Stück schwere Artillerie und 700 Panzer in der vordersten Zone befinden. Die zahlreichen Artillerie-überfälle, verbunden mit Landungsversuchen auf dem israelisch besetzten Suezkanalufer, sind ein Beweis. Die Israelis erwarten politische und militärische Hilfe der USA. Diese engagieren sich zur selben Zeit scheinbar nur im Fernen Osten. Der Einmarsch amerikanischer Truppen in Kambodscha wirkt auf uns wie eine unkontrollierte Aktion. Haben die Militärs einen unguten Einfluss auf Nixon gewonnen? Bei genauer Analyse werden andere Zusammenhänge deutlich. Nixon könnte der Sowjetunion eine letzte Warnung für deren Nahostpolitik durch Einmarsch in Kambodscha signalisiert haben. Das liegt nahe, weil die Gefahr einer direkten Konfrontation beider Großmächte dort geringer ist als im ägyptisch-israelischen Raum. Die Selbstüberschätzung der Araber könnte sie zum 4. Krieg gegen Israel seit 1945 verführen. Es ist denkbar, dass dies zur direkten militärischen Auseinandersetzung zwischen den Großmächten führt. – Die Folgen für den Weltfrieden wären unübersehbar.
Anmerkung der Redaktion:
Alfons Pawelczyk (Jahrgang 1933)
1961 Eintritt in die SPD
1969-1980 Mitglied des Deutschen Bun destages für den Wahlkreis
Hamburg-Wandsbek.
Dort tätig im Verteidigungs-
und Auswärtigen Ausschuss
1980-1984 und 1986/87
Innensenator in Hamburg
1982-1991 Mitglied der Hamburgischen Bürgerschaft
Mitglied des Sicherheitsaus-
schusses beim SPD- Parteivorstand
Er war Abrüstungs- und Ver- teidigungs-Experte der SPD.
Richard Nixon (1913-1994)
1969-1974 Präsident der Vereinigten
Staaten von Amerika.
Infolge der Watergate-Affäre trat Nixon als bisher einziger US-Präsident der Geschichte von seinem Amt zurück.
Vietnamkrieg
Insgesamt elf lange Jahre von 1964-1975 wütete der Krieg zwischen Nordvietnam und den USA. China und die Sowjetunion unterstützten die Vietnamesen und standen damit der Supermacht USA gegenüber. Der Krieg zwischen der Weltmacht USA und Vietnam dauerte bis 1975 und endete mit dem Sieg Nordvietnams und kostete nach Schätzungen etwa zwei bis fünf Millionen Vietnamesen und fast 60.000 US-Soldaten das Leben. Im März 1970 befiehlt der Präsident der USA Nixon die Invasion des neutralen Kambodschas und löst damit die größte Antikriegsdemonstration in den USA aus. Den Vereinigten Staaten war es ein Dorn im Auge, dass die gegen die amerikanischen Truppen in Vietnam kämpfenden Vietcong den östlichen Teil des kambodschanischen Territoriums als Transportweg u.a. über den HO-Chi-Minh-Pfad und als Rückzugsgebiet nutzte. Im Grenzgebiet zu Vietnam lagen und bekämpften sich somit nun der Vietcong, die Nordvietnamesische Armee, die Roten Khmer, die Streitkräfte Kambodschas und die United States Air Force.
Berner Bote August 1970
Bauausschuss der Bürgerschaft in Wandsbek (Seiten 6 und 7, Auszug)
Der Bauausschuss führte eine Besichtigungsfahrt durch den Bezirk Wandsbek durch. Die Fahrt diente insbesondere der Besichtigung größerer Neubauvorhaben. Darüber hinaus ließ sich der Bauausschuss von den Senatsvertretern über einige Neuplanungen berichten.
Aufbaugebiet Steilshoop
Der Bauausschuss konnte feststellen, dass bereits viele der auf dem Gelände vor kurzem noch vorhandenen fast 2000 Behelfsheime inzwischen geräumt worden sind. Zwei Wohnblöcke sind bereits in Bau, für weitere drei Blöcke liegen Bauanträge vor. Auf die Fragen von Aus-schussmitgliedern nach Einkaufsmöglichkeiten und Schulräumen für die Bewohner der ersten Baublöcke wurde erklärt, dass bei Fertigstellung der ersten Wohnungen auch Geschäfte vorhanden sein werden und der erste Schulbedarf in dem Schulneubau am Eichenlohweg gedeckt werden kann.
Bramfelder Zentrum
Neben öffentlichen Bauten wie dem Ortsamt und einem Haus der offenen Tür ist ein Kaufhaus (Karstadt) vorhanden. Andere zentrale Einrichtungen wie Bücherhalle und Ärztehaus sind geplant und sollen in Kürze gebaut werden.
Anlagen des Otto-Versands an der Bramfelder Chaussee
Der Bauausschuss stellte fest, dass der Otto-Versand neben seinen Hauptbetriebsanlagen östlich der Bramfelder Chaussee auch westlich der Bramfelder Chaussee Ausstellungsräume mit Kaufangeboten und Parkplätzen errichtet hat. Es ist durchaus mit einer weiteren Expansion zu rechnen.
Einkaufszentrum Farmsen
Das an der U-Bahn-Haltestelle Farmsen bestehende kleine Einkaufszentrum soll infolge seines günstigen Standortes zu einem Stadtteilzentrum ausgebaut werden. Die Grundeigentümer planen in Zusammenarbeit mit den Behörden ein Einkaufszentrum kombiniert mit Kern- und Wohnungsnutzung in konzentrierter Bauweise.
Neue Führung des Berner Heerweges in Berne
Der alte Berner Heerweg führte durch die von 1959 bis 1961 gebaute Wohnsiedlung Berner Park. Schon die damalige Planung sah eine Herausnahme der Straße aus der Siedlung vor. Inzwischen konnte diese Planung verwirklicht werden.
Park-and-Ride-Anlage am U-Bahnhof Berne
Am U-Bahnhof Berne ist eine zweigeschossige Park-and-Ride-Anlage entstanden, wie sie in dieser Form jetzt auch schon in einigen Einkaufszentren konzipiert wurde. Da den Park-and-Ride-Anlagen in unmittelbarer Nähe von Schnellbahnhaltestellen immer größere Bedeutung zukommt, wurden die Senatsvertre-
ter gebeten, zu prüfen, ob eine Überbauung von Schnellbahntrassen mit Park-and-Ride-Anlagen möglich ist.
Neue Sommerbäder eröffnet (Seiten 9-11, Auszug)
Senator Hackmack hat das Sommerbad Aschberg der Hamburger Wasserwerke am Rückersweg in Hamm der Öffentlichkeit übergeben. Planung, Entwurf und Baudurchführung lagen beim Bauamt Hamburg- Mitte. Der Grundstein wurde am 11. September 1968 gelegt.
Davor hatte Senator Hackmack bereits das völlig neu gestaltete Bille-Bad, Reetwerder 25, in Bergedorf eröffnet.
Freibad Osdorfer Born eröffnet
Ein neuer Senator könne sich gar nichts Besseres wünschen, als sich mit der Übergabe einer derart positiv zu wertenden Gemeinschaftseinrichtung in der Öffentlichkeit einzuführen, sagte Senator Hackmack anläßlich der Wiedereröffnung des völlig neu hergerichteten Freibades Osdorfer Born der Hamburger Wasserwerke.
Dieses Freibad werde für lange Zeit einer der letzten Neubauten dieser Art sein, sagte Senator Hackmack und fügte hinzu: „Das soll beileibe nicht heißen, dass
künftig keine Bäder mehr gebaut werden. Im Gegenteil: Hamburg werde in den nächsten zehn Jahren viele Bäder bauen, nur es werden keine Freibäder mehr sein, sondern Schwimmhallen, weil diese während des ganzen Jahres genutzt werden können.“ In Billstedt, Rahlstedt, Ohlsdorf und Volksdorf sind vier Hallen bereits im Bau.
Anmerkung der Redaktion:
Otto Hackmack (1922-2016)
1946 Eintritt in die SPD
1966-1978 Mitglied der Hamburgischen
Bürgerschaft
1970-1974 Senator der Behörde
für Vermögen und öffentliche
Unternehmen
Ende der Zitate aus den Berner Boten vom Juli und August 1970
Heiner Widderich