Nachruf auf Martin Sieg (30.10.1934 – 24.10.2019)
Wir trauern um den ehemaligen Geschäftsführer unserer Genossenschaft, Martin Sieg.
Einen Stadtteil prägen Gebäude und manche Menschen, die in ihnen leben. Und manche prägen nachhaltig die städtebaulichen Strukturen, die das soziale Miteinander positiv beeinflussen und ermöglichen.
So ein Mensch war Martin Sieg, Architekt und von 1982 bis 1997 Geschäftsführer der Gartenstadt Hamburg eG – unserer 1919 gegründeten Wohnungsgenossenschaft.
Am 15. November nahmen seine Familie und viele, die ihm verbunden waren, bei der Trauerfeier in der Friedenskirche Berne Abschied.
Manch einer mag sich dabei an Martins Jahre in Berne zurückerinnert haben. Sein besonderes Engagement für diesen Stadtteil begann in den 70er Jahren, als er sich im Rahmen einer genossenschaftlichen Initiative für den damals als gefährdet eingestuften Erhalt der Putzhäuser in der Siedlung einsetzte.
Im Mai 1974 trat er in die Genossenschaft ein und gehörte von 1974 bis 2002 dem Vorstand an.
Gemeinsam mit Gleichgesinnten arbeitete er zunächst als ehrenamtliches Mitglied in diesem Amt. Dort überzeugte er mit konstruktiv weitreichenden Plänen, mit Sachverstand und versöhnlicher Diplomatie.
Als sein Vorgänger 1982 in den Ruhestand ging, war es daher für den Aufsichtsrat ein logischer Schritt, Martin Sieg zum geschäftsführenden Vorstand zu wählen.
In dieser Funktion trieb er sowohl Modernisierungen, wie den Ausbau des Sielnetzes, als auch die Einhaltung des typischen Erscheinungsbildes der Siedlung voran.
Unter seiner Leitung wurden die historischen Fensterluken wieder neu montiert und eine Baurichtlinie für die Siedlung erstellt. Die dadurch sehr einheitlich erscheinende Gartenstadtsiedlung wurde 1985 unter Milieuschutz und 2013 zum größten Teil unter Denkmalschutz gestellt.
Als begeisterter Hobbyfotograf sorgte Martin Sieg zudem für ein beeindruckendes fotografisches Archiv der Genossenschaft.
Das Credo des vielseitig interessierten Cellospielers war stets „Fordern und Fördern„. Er förderte nicht nur Eigenverantwortlichkeit und persönlichen Einsatz seiner Mitarbeiter sondern gab auch „schlummernden Talenten“ unter den Mitgliedern „eine Chance zur Entfaltung“ (wie Sieg selbst 1994 in der Jubiläumsschrift 75 Jahre Gartenstadt Hamburg eG schrieb).
Zum Beispiel im Gemeinschaftshaus, zu dem der Architekt und Menschenfreund den leerstehenden Supermarkt der einstigen PRO an der großen Berner Kreuzung umbauen ließ und gleichzeitig den Förderkreis gründete, dessen Mitglieder nunmehr seit 32 Jahren regelmäßig öffentliche Veranstaltungen ausrichten.
Der alten Gartenstadt Geschäftsstelle am Plattenfoort verhalf er mit einem repräsentativen Eingangsbereich zu neuer Bedeutung.
Aber Martin Sieg pflegte nicht nur den Bestand, sondern kümmerte sich auch weitsichtig um die Erweiterung und den Bau neuer Wohnungen für alte und neue Mitglieder der Genossenschaft.
So entstanden zu seiner Zeit als geschäftsführender Vorstand unter anderem die Wohnanlagen am Buchenring, am Berner Heerweg und am Kriegkamp, immer mit einem gewissen Extra, damit die zukünftigen Bewohner mehr als nur ein Dach über dem Kopf bekamen und sich in der genossenschaftlichen Gemeinschaft schnell zuhause fühlten.
Viele schätzten an Martin Sieg besonders, dass er sich nie in den Vordergrund spielte, sondern die Gabe besaß, andere für seine Ideen und Visionen zu begeistern.
Sein ausgeprägter ästhetischer Sinn für das Gesamtbild der Berner Siedlung, seine warmherzige Menschlichkeit und seine besonnene, um Verständigung bedachte Stimme, die nach seinem Amt bescheiden in den Hintergrund trat, werden uns fehlen.
(wt/cme)
Beitragsbild: Martin Sieg und das Berner Schloss; Foto: JQuast/Marc Buttler