Zitate aus dem Berner Boten vom Februar 1969
+++ Pflegestellen für Jungen zwischen sechs und zwölf Jahren +++ Müllabfuhr beseitigt Gartenabfälle +++ Altenwerkstatt im Berner Park +++ Tempo 60 auf dem Berner Heerweg +++
Senatorin Irma Keilhack
Pflegestellen für Jungen zwischen sechs und zwölf Jahren (Auszug Seite 9)
Rund 5500 Hamburger Kinder und Jugendliche, die aus unterschiedlichen Gründen nicht in eigenen Familien leben können, werden für kürzere oder längere Zeit im Rahmen „öffentlicher Erziehung“ von der Jugendbehörde betreut. Diese Minderjährigen sind zum größten Teil in Heimen untergebracht. Rund 850 Kinder und Jugendliche befinden sich in der Obhut von Pflegefamilien. Wenig bekannt ist die Tatsache, dass sich 600 dieser Pflegefamilien außerhalb Hamburgs befinden. Diese Zahlen gab Frau Senatorin Keilhack anlässlich eines Treffens von 50 ehrenamtlichen Helfern der Jugendbehörde bei der Betreuung von auswärtigen Pflegestellen bekannt. Zur Zeit sind es nach den Worten der Senatorin rund 200 Männern und Frauen, die sich außerhalb Hamburgs beteiligen. Seit 1951 erhielten zwölf von ihnen vom Senat die Medaille „Für treue Arbeit im Dienste des Volkes“, weil sie 25 und mehr Jahre erfolgreich gewirkt haben. Die Vertrauenspersonen betreuen zwischen 3 und 30 Pflegekinder und beraten deren Pflegeeltern.
Die vor einem Jahr erfolgte Werbeaktion für Pflegestellen sei erfolgreich verlaufen, erklärte Frau Senatorin Keilhack. Damals seien 134 Angebote von Ehepaaren eingetroffen, die sich spontan bereit erklärten hätten, Pflegekinder aufzunehmen. Bei 97 Ehepaaren konnten nach den Worten der Senatorin Pflegeverhältnisse eingeleitet werden: „Leider lassen sich nicht in allen Fällen die Wünsche schnell befriedigen. Dazu gehört auch der in der Mehrheit geäußerte Wunsch nach einem Mäd-chen.“ Gerade für Jungen zwischen sechs und zwölf Jahren seien aber Pflegestellen dringend nötig.
„Den Pflegefamilien gilt unser aller Dank, denn es geht ja bei der Vermittlung in Pflegestellen nicht nur um „Unterbringung“, sondern es geht darum, diesen Kindern, die nicht das Glück haben, in einem eigenen Elternhaus aufwachsen zu können, Geborgenheit zu geben. Wenn es auch „Ersatzeltern“ sind, so gibt die mütterliche und väterliche Zuwendung eben doch bessere Voraussetzungen für eine natürliche Entwicklung dieser Pflegekinder,“
Anmerkung der Redaktion:
Irma Keilhack (1908-2001)
Mitglied der SPD seit 1925
Ab 1945 beteiligte sie sich am Wiederaufbau der Hamburger SPD.
Von 1949 bis 19. Januar 1962 war sie Mitglied des Deutschen Bundestages. Ihr Wahlkreis war Hamburg-Wandsbek.
Vom 13. Dezember 1961 bis 22. April 1970 war sie Präses der Jugendbehörde und von 1961-1966 zugleich auch Präses der Behörde für Ernährung und Landwirtschaft. Von 1966-1974 gehörte sie der Hamburgischen Bürgerschaft an.
Ihren Wohnsitz hatte sie nach dem Zweiten Weltkrieg viele Jahre in Berne, in der St. Jürgenstraße.
Müllabfuhr beseitigt Gartenabfälle (Seiten 25 und 26)
Die Müllabfuhr unterscheidet zwei Arten von Abfällen, nämlich Hausmüll und Sperrgutmüll (Gerümpel). Beide Abfuhrarten schlossen bisher die Gartenabfälle aus. Die Gartenbesitzer kompostierten
diese Abfälle oder gruben sie unter, soweit hierfür entsprechend genutzte Flächen zur Verfügung standen.
In den letzten Jahren haben sich diese Möglichkeiten erheblich verringert, weil die Gartenbesitzer dazu übergegangen sind, große Rasenflächen mit Ziersträuchern und Blumenbeeten anzulegen. Die Beseitigung der Rasen-, Hecken- und Strauchabfälle wurde immer schwieriger und führte teilweise zu wilder Ablagerung in Straßengräben, Knicks und Parkanlagen. Diese Haufen verleiteten wiederum dazu, sich weiterer unbrauchbarer Gegenstände zu entledigen. Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken, hat die Stadtreinigung – vorerst versuchsweise – einen Papiersack für Gartenabfälle eingeführt. Den besonderen Anforderungen entsprechend, besteht der Sack aus dreilagigem wasserabweisenden Krepppapier und einem verstärkten Kreuzboden. Infolge seines großen Durchmessers passt er jedoch nicht in die Schüttungen der Müllwagen und kann daher nur am Tage der Sperrmüllabfuhr herausgestellt werden.
Dieser Papiersack für Gartenabfälle kann ab sofort an allen Betriebsplätzen der Müllabfuhr zum Stückpreis von 1,80 DM bezogen werden. Bei fernmündlichen Bestellungen werden diese auch ab etwa 5 Stück ins Haus geliefert.
Damit hat die Stadtreinigung auch die letzte Lücke im Rahmen ihres Entsorgungsauftrags geschlossen.
Anmerkung der Redaktion:
Na, so ganz hatte die Stadtreinigung die letzte Lücke ihres Entsorgungsauftrages vor 50 Jahren noch nicht geschlossen. Statt des versuchsweise eingeführten großen Papiersackes für Gartenabfälle gibt es jetzt die Grüne Tonne in verschiedenen Größen. Außerdem wurden noch die Gelbe Wertstofftonne sowie die Blaue Tonne für Papier neu eingeführt und die Restmülltonne und die Sperrmüllabfuhr sind uns ja auch geblieben, so dass fast an allen Werktagen mindesten ein Fahrzeug der Stadtreinigung durch jede Straße fährt zum Wohle unserer Umwelt, das aber nur, wenn wir alle bereit sind, den Müll zu trennen und das Recyceln überwiegend gelingt.
Aus der Bezirksversammlung (Auszug Seite 29)
Altenwerkstatt im Berner Park
Ab 26. November hat Berne im Park auch eine Altenwerkstatt, in der Pensionäre und Rentner, die an ihrem Lebensabend die Hände noch nicht in den Schoß legen wollen, noch kleine Aufträge und Reparaturen erledigen, ohne dabei große Gewinne zu erzielen. Die älteren Herren ziehen in die Baracke, die bisher dem Kindertagesheim diente.
Die Stadt hat weiter keine Verwendung für den noch gut erhaltenen Holzbau. Zum Abriss ist er zu schade. So soll er künftig an einen Verein “Altenwerkstatt“ verpachtet werden.
Bei den Beratungen im Kerngebietsausschuss habe ich mich dafür eingesetzt, dieser guten Idee nicht über einen zu hohen Pachtpreis den Boden unter den Füßen zu entziehen.
Die Verwaltung ist an die oberste Grenze der zulässigen Ermäßigung gegangen. Für die 300 qm große Baracke werden die Alten jährlich nur 300 Mark zu zahlen haben.
Tempo 60 auf dem Berner Heerweg
Abschließend muss ich noch einmal auf die Autofahrer und auf die Geschwindigkeit zurückkommen. Laut Beschluss der Innenbehörde wird der Berner Heerweg von Farmsen bis Volksdorf für „Tempo 60“ zugelassen.
Für die Berner ist das kein Grund, um nun erschreckt ins Mauseloch zu schlüpfen. Denn „Tempo 60“ ist nicht mehr und nicht weniger als die Geschwindigkeit, die dort auch schon bei „Tempo 50“ gefahren wurde.
Innensenator Ruhnaus Bestreben ist es, die vorgeschriebene Geschwindigkeit überall dort dem tatsächlich gefahrenen Tempo anzupassen, wo das dank Ausbau und Übersichtlichkeit der Straße gefahrlos möglich erscheint.
Die bisherigen Experimente haben diesen Standpunkt untermauert. Wo „Tempo 60“ herrscht, wird lange nicht mehr soviel die Geschwindigkeitsbeschränkung überschritten wie auf langsameren Straßen.
Es passieren weniger Unfälle, es gibt weniger Verletzte und Tote. Das ist keine Behauptung mehr. Das ist seit einem Jahr in Hamburg auf den Hauptausfallstraßen sorgfältig registriert und geprüft worden. Deshalb sollten wir auch in Berne keine Angst haben.
Walter Krug, Bez.-Abgeordneter
Anmerkung der Redaktion:
Der Autor, Walter Krug (SPD), Mitbegründer des Berner Boten 1951, wurde erstmals 1966 in die Bezirksversammlung Wandsbek gewählt. Beruflich war er Redakteur bei der Hamburger Morgenpost.
Altenwerkstatt im Berner Park
Die Holzbaracke der Altenwerkstatt und viele andere Gebäude, die im Park standen, sind nach und nach verschwunden, so dass der Charakter eines Parks wieder voll zur Geltung gekommen ist.
Tempo 60 auf dem Berner Heerweg
Tempo 60 gibt es schon lange nicht mehr auf dem Berner Heerweg.
Heinz Ruhnau (Jahrgang 1929): 1966-1974 stellvertretender SPD-Landesvorsitzender in Hamburg. 1961-1974 Mitglied der Hamburgischen Bürgerschaft und 1965-1973 Präses der Innenbehörde.
Ende der Zitate aus dem Berner Boten vom Februar 1969
Heiner Widderich