Es waren die kürzesten Koalitionsverhandlungen in der Geschichte der Bundesrepublik. Nach dem Scheitern der Jamaika-Koalition und den Einzelgesprächen des Bundespräsidenten mit allen Parteivorsitzenden haben sich die Sozialdemokraten zunächst zu Sondierungen und schließlich zu Koalitionsgesprächen mit CDU und CSU durchgerungen. Das Ergebnis liegt jetzt vor und die Mitglieder der SPD stimmen darüber ab – anders als bei der Union, denen das Vertragswerk laut CDU-Vize-Vorsitzender Klöckner zu kompliziert für die Mitglieder ist. Vielleicht hat die CDU aber auch Sorge, dass ihre eigenen Mitglieder den Vertrag ablehnen. Denn immerhin gingen 60 bis 70 Prozent der Inhalte auf das Parteiprogramm der Sozialdemokraten zurück, lediglich 30 bis 40 Prozent kommen von CDU und CSU. Das hat jüngst ein think-Tank des Karlsruher Instituts für Technologie anhand einer Analyse der Papiere herausgefunden.
Und was bringt eine Große Koalition nun für die Menschen in unserem Land? Gerade die Hamburgerinnen und Hamburger würden von einer Großen Koalition richtig profitieren. 11 Mrd. € wird in beste Bildung investiert, darunter eben auch in die Schul-infrastruktur und die Kinderbetreuung. Insbesondere Kinder: Das Kindergeld steigt um 300 € pro Jahr, der Zuschlag für einkommensschwache Eltern wird erhöht.
Der Bund wird wieder richtig in den sozialen Wohnungsbau investieren. Das ist besonders wichtig für die begehrten Metropolen mit steigender Einwohnerzahl und deutlich steigenden Mieten. 2 Mrd. € werden hier bereitgestellt, davon wird Hamburg stark profitieren. Und auch für die Infrastruktur gibt es mehr finanziellen Spielraum: 1 Mrd. € mehr! Dies bringt gerade für Hamburg mehr Geld zum Ausbau des Schienennetzes von S- und U-Bahn, konkret sei hier an die S4 nach Rahlstedt oder die U5 nach Bramfeld und Steilshoop gedacht.
Und es gibt noch viele andere Bereiche die genannt werden müssen: Insbesondere für die Sozialdemokraten war die Einschränkung der sachgrundlosen Befristungen ein Herzensthema. Das konnte erreicht werden. Ebenso wie das Meister-BaföG oder der Mindestlohn für Auszubildende. Und auch im Gesundheits- und Pflegebereich konnte die SPD klar ihre Handschrift in den Vertrag einbringen: Für gesetzlich Versicherte sollen Terminvergaben beschleunigt und Sprechstundenzeiten bei Vertragsärzten verlängert werden. Auch die Zuschüsse beim Zahnersatz werden erhöht. Die Anteile von Arbeitnehmern und Arbeitgebern bei den Kosten für die gesetzliche Krankenversicherung sollen wieder gleich sein. Die Beispiele sprechen für sich: Ein lediger Busfahrer mit 2.400 € brutto im Monat wird künftig jährlich rund 370 € mehr in der Tasche haben. Eine alleinerziehende Mutter mit zwei Kindern und einem Teilzeit-Job für 850 € brutto wird jährlich um 340 € entlastet und erhält gleichzeitig zusätzlich 600 € mehr Kindergeld pro Jahr.
Unter dem Strich werden große Teile der Menschen in Deutschland von dieser sozialdemokratischen Bundesregierung unter Kanzlerin Angela Merkel profitieren – trotz des mehr als ernüchternden Wahlergebnisses im letzten September. Natürlich darf und wird sich kein Sozialdemokrat damit zufrieden geben. Es könnte mehr mit einem SPD-Kanzler geschafft werden. Aber klar ist: Die SPD hat viel für die Menschen in unserem Land erreicht – weit mehr als unter dem wackligen Bündnis von CDU, CSU, FDP und Grünen, der sogenannten Jamaika-Koalition, je denkbar gewesen wäre.
Lars Pochnicht (Berner Bote, März 2018)