Zitate aus dem Berner Boten vom Februar 1968
Gute Wohnungen für alle (Auszug Seiten 10/11)
Um rund 27 Prozent stieg der soziale Wohnungsbau in 1967 im Vergleich zum Vorjahr. Der neue Aufschwung des Wohnungsbaues wurde möglich durch die von Bundeswirtschaftsminister Prof. Schiller (SPD) eingeleiteten Programme zur Konjunkturbelebung. Diese Programme stellten auch für den sozialen Wohnungsbau neue Mittel zur Verfügung.
So wird das von Bundeswohnungsbauminister Dr. Lauritzen (SPD) angestrebte Ziel, jährlich 200 000 Sozialwohnungen zu bauen, 1967 und 1968 erreicht werden. Nicht nur die Wohnungssuchenden, sondern auch die Bauwirtschaft können zuversichtlich sein.
Die Bundesregierung hat einen Gesetzentwurf vorgelegt, nachdem die bisher zinslosen und ganz niedrig verzinsten Darlehen für ältere, vor 1960 gebaute Sozialwohnungen auf den Zinssatz von höchstens 4 Prozent jährlich angehoben werden sollen. Die Mieten dieser Wohnungen betragen 1,50 bis 2,10 DM pro Quadratmeter. Die Zinserhöhung darf nicht zu Mieterhöhungen führen, die untragbar sind. Die höheren Rückflüsse müssen wieder dem sozialen Wohnungsbau zugeführt werden.
Das bedeutet: Es werden auch weiterhin billige Sozialwohnungen für die einkommensschwachen Bevölkerungsschichten – alte Menschen, kinderreiche Familien, junge Familien – gebaut.
Dort, wo die Erhöhung der Mieten für ältere Sozialwohnungen untragbare Härten bringt, hilft das Wohngeld:
Das Wohngeld wird in keinem Punkt geändert; alle Versuche, am Wohngeld zu kürzen und zu streichen, sind abgewehrt worden. Die Mieter, denen die Zinserhöhung untragbare Härten bringt, können also mehr Wohngeld erhalten oder erstmalig Wohngeld beantragen.
Die letzten „Schwarzen Kreise“
Die Aufhebung der Wohnungsbewirtschaftung, des Mieterschutzes und der Mietpreisbindung wird in 7 Kreisen um ein Jahr auf den 1. Januar 1969 verschoben, um dort untragbare Härten für den Mieter zu vermeiden. Die Verlängerung des Schlusstermins betrifft: Bonn-Stadt, Bonn-Land, Freiburg-Stadt, Göttingen, Hamburg, München-Stadt und München-Land. Für Berlin wurde schon vorher durch ein besonderes Gesetz der Termin verlängert. Durch die Verschiebung soll ermöglicht werden, dass der Wohnungsfehlbedarf in den genannten Gebieten merklich zurückgeht, ehe auch dort der freie Wohnungsmarkt eingeführt wird.
Der Wohnungsbauminister Dr. Lauritzen weiß: Die Wohnung ist so wichtig wie der Arbeitsplatz. Danach wird gehandelt. Für die SPD bleibt der Grundsatz bestehen:
Sicherheit durch sozialen Wohnungsbau!
Anmerkung der Redaktion:
Heute – 50 Jahre später – ist der Bau von Sozialwohnungen notwendiger denn je. Die Zahl der Sozialwohnungen hat in den letzten Jahrzehnten erheblich abgenommen. Deshalb baut Hamburg seit 2011 unter dem SPD geführten Senat wieder Jahr für Jahr 6000 bis 10.000 neue Wohnungen, von denen etwa 30 Prozent Sozialwohnungen zu bezahlbaren Mieten sind.
Das Volkshaus ist für alle da (Auszug Seiten 16 -18)
Der Jahreswechsel mit all seinen guten Wünschen ist vorüber. Ein neues, arbeitsreiches Jahr liegt vor uns. Wer in den letzten Wochen des alten Jahres Grund zum Feiern hatte und dazu das Volkshaus mieten wollte, der wurde allerdings bitter enttäuscht.
Preise wurden da plötzlich verlangt, die frohgestimmte Jubilare oder heiratswillige Paare in die Flucht trieben. Hochzeiten oder andere Familienfeiern fanden wieder in den häuslichen vier Wänden statt.
Das Bezirksamt Wandsbek, das das Volkshaus von der Gartenstadt gepachtet hat, verlangte Preise, die einer für die ganze Stadt verbindlichen Gebührenordnung für „Hamburg-Häuser“ entsprachen.
Eine schlichte Hochzeitsfeier für 40 Personen im Volkshaus sollte künftig allein an Miete 305 Mark kosten. Bislang war der Preis von 18 Mark für eine derartige Veranstaltung so attraktiv, dass die Bewerber Schlange standen (Jugendweihe usw.). Das wurde mit einem Schlage anders. Die Berner hielten sich zurück, eine drohende Verödung des Volkshauses wurde spürbar. Auf dem Höhepunkt der Berner Proteste wurde der ehrenamtliche Verwaltungsausschuss des Volkshauses zum 27. November einberufen, um die stillschweigend seit dem 5. Oktober erhobenen höheren Preise nachträglich zu sanktionieren. Der Ausschuss trat auch zusammen, aber nur, um gegen Form und Inhalt dieser Preiserhöhung zu protestieren. Das weitere war unserem Verhandlungsgeschick überlassen.
Der SPD-Distriktsvorsitzende Widderich und ich formulierten unseren Protest. Wir wiesen scharf alle Parallelen zu anderen Hamburg-Häusern zurück, da unser Volkshaus sowohl aufgrund seiner geschichtlichen Entwicklung als Mittelpunkt einer Siedlung wie auch aufgrund seiner besonderen Nutzung und seiner dementsprechenden Ausstattung niemals mit den Kulturzentren der anderen Bezirke verglichen werden kann. Unsere Proteste hatten sehr schnell Erfolg. Offenbar hat man eingesehen, dass die besonderen örtlichen Bedingungen, die nur auf Berne zutreffen, ohne die Mitwirkung der ehrenamtlichen Gremien nur ungenügend berücksichtigt werden können.
Unser erster Erfolg besteht nun darin, dass die neuen Preise nicht angewendet werden. Zur Zeit beläuft sich die Miete nach den doppelten Sätzen, die vor dem 5. Oktober gültig waren. Der kleine Saal kostete früher für acht Stunden neun Mark, nach der Neuregelung sollte er jedoch 32 Mark bringen. Aufgrund der Übergangslösung liegt die Miete zur Zeit bei 18 Mark.
Entscheidend für die Berner Mieter des Volkshauses ist, dass die in der Zeit von Oktober bis Dezember gezahlten erhöhten Mietpreise den Benutzern erstattet werden.
Auch der inzwischen fixierte Entwurf für eine endgültige Neuregelung der Preise läßt erkennen, dass unsere Proteste auf fruchtbaren Boden gefallen sind und dass Innenbehörde und Bezirksamt aus der einmaligen Panne gelernt haben und jetzt bereit sind, die neuen Preise mit uns zu diskutieren, bevor sie in Kraft treten.
Walter Krug, Bez.-Abgeordneter
Anmerkung der Redaktion:
Das Volkshaus Berne am Saselheider Weg wurde in den Jahren 1928/29 von der Gartenstadt Hamburg e.G.m.b.H. als Gemeinschaftshaus und Mittelpunkt der Berner Gartensiedlung für 70 000 Reichsmark durch den Umbau eines Stallgebäudes des ehemaligen Gutshofes errichtet. Die Einweihungsfeier fand am 23. März 1929 statt.
Seine heutige Gestalt erhielt das Volkshaus durch eine Sanierung und Erweiterung im Jahre 1959.
Am 1. Mai 1963 wurde das Volkshaus an die Freie und Hansestadt Hamburg verpachtet.
Nach Aufgabe durch die Stadt übernahm der tus BERNE am 1. Juni 2003 das Volkshaus als „Sport- und Kulturzentrum Volkshaus Berne“.
Ende der Zitate aus dem Berner Boten vom Februar 1968
Heiner Widderich (Berner Bote, Februar 2018)