Zitate aus dem Berner Boten vom Januar 1968
Warum bin ich Sozialdemokrat
(Auszug S. 4-6)
Es ist schwer für mich, die Frage zu beantworten, wie ich zur SPD gekommen bin, denn eigentlich hat sich diese Frage für mich nie gestellt. Ich wurde sozusagen in die Sozialdemokratie hineingeboren. Mein Geburtshaus stand in der Fichtestraße in Leipzig, dem Sitz des Arbeiter-Turn- und Sportbundes, zu dessen Mitbegründern mein Vater, Fritz Wildung, gehörte. Meine Mutter trat in die Sozialdemokratische Partei ein, sobald es auch den Frauen erlaubt war, sich politisch zu organisieren: 1907.
Wir waren sechs Geschwister, ich war die Jüngste. Für uns war es selbstverständlich: Wir hatten ein sozialdemokratisches Elternhaus, und wir alle wurden Sozialdemokraten; wir waren zuerst Mitglieder der sozialistischen Jugendbewegung und des Arbeitersports. In unserem Jugendverband lebten die Ideale der Französischen Revolution: Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit. Wir glaubten an internationale Verständigung und waren gegen jeden nationalistischen Wahn. Dabei empfanden wir die so oft geschmähte Weimarer Republik als unsere Republik.
1932 erlebte ich im alten Reichstagsgebäude die letzte Verfassungsfeier – mit dem greisen Generalfeldmarschall, mit den vielen Traditionsfahnen und den Studenten mit ihren bunten Bändern; es war wie ein Abgesang. Das Jahr 1933 wetterleuchtete schon längst am Horizont. Vor unserer Haustür prügelten sich die politischen Gegner. Alles das hat sich tief in meine Erinnerung eingegraben und in mir die Überzeugung fest verankert, dass so etwas sich nie wiederholen dürfe.
Der 1. Mai 1933 war für mich, wie ich heute glaube, wohl der Tag meines bewussten Bekenntnisses zur Sozialdemokratie. Immer war dieser Tag für mich ein besonderer gewesen. Es war „unser“ Feiertag und nun dröhnten die Schritte der langen, kommandierten Marschkolonnen durch die Straßen.
Die persönlichen Erfahrungen am Ende der Weimarer Republik und dann unter der totalitären Gewaltherrschaft der Nationalsozialisten waren es, neben den Einflüssen meines Elternhauses, die mich in dem Wollen bestärkten, mit all meinen Kräften dazu beizutragen, dass sich die Schre-cken der Vergangenheit nicht wiederholen. Es bedurfte dazu nicht erst des entsetzlichen Krieges, in dem mein erster Mann und drei meiner Brüder fielen sowie viele Freunde umkamen.
Es war eine glückliche Fügung, dass ich unmittelbar nach dem Zusammenbruch die erste freie Zeitung, den „Hannoverschen Kurier“, in die Hand bekam, in der ich einen Bericht über eine Rede Kurt Schumachers las, des Mannes, den mir mein Vater als einen der mutigsten und kämpferischsten Reichstagsabgeordneten geschildert hatte. In dieser Rede drückte Kurt Schumacher alles das aus, was uns junge Deutsche damals bewegte.
Ich schrieb an Kurt Schumacher, der nach Ende des Zweiten Weltkriegs 1945 in Hannover die Sozialdemokratische Partei Deutschlands wieder aufbaute. Er holte mich aus dem niedersächsischen Dorf, in das meine Schwester und ich mit unseren Kindern verschlagen waren, nach Hannover.
Es war für mich als Fünfundzwanzigjährige überwältigend, neben diesem großen Menschen und weit blickenden Politiker ein Stück Weges mitgehen zu können. Im Sommer 1952 starb Kurt Schumacher. Ein Jahr später wurde ich in den Bundestag gewählt. Nun hieß es zu beweisen, dass ich meine politischen Lehrjahre bei Kurt Schumacher gut genutzt hatte.
Ihre Annemarie Renger
Anmerkung der Redaktion:
Annemarie Renger (* 7. Oktober 1919 in Leipzig; † 3. März 2008 in Remagen) trat nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges bereits 1945 in die SPD ein. Am 1.Oktober 1945 wurde sie in Hannover Privatsekretärin von Kurt Schumacher, dem damaligen Vorsitzenden der SPD. Sie blieb dieses bis zum Tod von Kurt Schumacher im Jahre 1952.
Dem Deutschen Bundestag gehörte sie von1953-1990 ununterbrochen an.
Von 1972-1976 war sie Präsidentin des Deutschen Bundestages und damit die erste Frau der Welt an der Spitze eines frei gewählten Parlamentes.
Danach war sie von 1976-1990 Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages.
Verfassungsfeier: Gemeint ist die Feier zum Verfassungstag. Der Verfassungstag am 11. August war von 1921-1932 Nationalfeiertag der Weimarer Republik und sollte an die Unterzeichnung der Verfassung des Deutschen Reiches am 11. August 1919 erinnern.
Greiser Generalfeldmarschall: Gemeint ist Reichspräsident Paul von Hindenburg (1847-1934), der 1925, als Nachfolger von Friedrich Ebert, zum zweiten Reichspräsidenten der Weimarer Republik gewählt und 1932 in diesem Amt bestätigt wurde. Am 30. Januar 1933 ernannte er Adolf Hitler zum Reichskanzler.
Warum es in Berne noch keine Jugendfeuerwehr gibt
(Auszug Seite 21)
Der Aufbau einer Jugendfeuerwehr in Berne ist mit vielen Schwierigkeiten verbunden und würde erhebliche Kosten verursachen.
Zum gegenwärtigen Zeitpunkt beträgt das Einstellungsalter für Anwärter der Freiwilligen Feuerwehr noch 18 Jahre. Die vorhandenen Jugendwehren sind ausgesprochene Versuche, die vom Innensenator Ruhnau angeregt und genehmigt worden sind. Mit dem neuen Feuerwehrgesetz wird hierfür eine endgültige Regelung getroffen.
Die Berner Wehr verfügt über zwei Fahrzeuge. Wollten wir in Berne eine Jugendfeuerwehr aufbauen, so brauchten wir dazu ein weiteres Fahrzeug und die dafür erforderliche Garage. Ein Aufenthaltsraum für den Unterricht, sowie Toilette und Waschraum sind auch nicht vorhanden.
Außerdem kommt noch hinzu: Die Kameraden der Berner Wehr sind zum überwiegenden Teil in der Stadt beschäftigt. Am Tag sind wir nicht immer einsatzfähig; wir sind daher tagsüber ausgemeldet.
Die Ausbildung der Jugendwehr könnte nur in den Abendstunden erfolgen. Der Unterricht sollte auch nicht zu weit vom Fahrzeug entfernt sein. Denn gerade bei der Feuerwehr liegen Theorie und Praxis dicht beieinander.
Diese Probleme zu lösen, ist im Augenblick Aufgabe der Freiwilligen Feuerwehr Berne. Wir können nicht Jugendliche zusammenrufen, ohne eine feste Grundlage zu haben. Freiwillige Feuerwehr Berne Hermann Bottels
Anmerkung der Redaktion:
1996 bestand die FF Berne 75 Jahre und gründete die Jugendfeuerwehr Berne. Die Jugendllichen zwischen 10 und 18 Jahren sind mit viel Spaß und Interesse dabei und sichern den Nachwuchs der Freiwilligen Feuerwehr Berne.
Ende der Zitate aus dem Berner Boten vom Januar 1968
Heiner Widderich (Berner Bote, Januar 2018)