Nach einem anfänglich noch pandemie-beeinflussten Vorjahr registrierte die Polizei Hamburg im Jahr 2023 einen leichten Anstieg der Verkehrsunfälle um 4% auf 63.542. Dabei kamen im Vergleich zum Vorjahr aber weniger Personen zu Schaden. Die Zahl der Schwerverletzten sank im Vergleich zum Vorjahr sogar deutlich um fast 15 %. Die Anzahl aller Verunglückten je 100.000 Einwohner lag mit 492 noch einmal unter dem Wert des Vorjahres (504). Das Risiko, in Hamburg bei einem Verkehrsunfall zu verunglücken, ist mit Ausnahme der beiden Corona-Jahre damit weiterhin historisch niedrig.
Trotz der gestiegenen Zulassungszahlen (+36.129 seit 2019), ist die Zahl der Verkehrsunfälle mit 63.542 gegenüber dem Vor-Pandemie-Jahr 2019 noch einmal um 5.367 Unfälle (-7,8 %) gesunken. Im Vergleich zum Vorjahr ist ein geringer Anstieg von +4 % (um 2.471 Verkehrsunfälle) festzustellen. In knapp 90 % der Fälle entstanden lediglich Sachschäden. Bei 7.755 Ver-kehrsunfällen im Jahr 2023 verunglückten 9.300 Personen und damit 41 Personen weniger als im Vorjahr (-0,4 %).
Die Zahl der Schwerverletzten sank um -14,5 % auf 702, die der Leichtverletzten liegt mit +0,9 % (8.570) nur leicht über dem Niveau des Vorjahres. Es verletzen sich damit immer weniger Hamburgerinnen und Hamburger im Straßenverkehr. Die Anzahl der Verunglückten (d. h. mindestens leicht verletzten Personen) je 100.000 Einwohner liegt mit 492 noch einmal unter dem Wert aus 2022 (504) und ist damit in der Langzeitbetrachtung, mit Ausnahme der beiden Pandemiejahre, so niedrig wie nie zuvor seit Beginn der Erhebung.
Im vergangenen Jahr kamen jedoch erneut 28 Menschen im Straßenverkehr ums Leben (2022: 24 und 2019: 28 Verkehrs- tote). Betroffen waren neun zu Fuß Ge- hende, neun Radfahrende, fünf Personen in Pkw, zwei auf Motorrädern und eine Person in einem Lkw sowie eine Person auf einem Mofa und eine Person auf einem sog. Elektrokleinstfahrzeug („E-Scooter“). Von den neun verstorbenen Radfahrenden verunglückten drei ohne aktive Beteiligung anderer Verkehrsteilnehmender, in fünf Fällen handelte es sich um Abbiegeunfälle, bei denen Fahrzeuge über 3,5 Tonnen beteiligt waren.
Bei keinem der fünf Unfälle war ein Abbiegeassistent in dem Fahrzeug verbaut. Technische Abbiegeassistenzsysteme können in vielen Fällen helfen, ähnliche Unfälle zu vermeiden und damit Leben zu retten. Hamburg hatte daher 2020 alle schweren Nutzfahrzeuge von Hamburgs Behörden und öffentlichen Unternehmen flächendeckend mit Abbiegeassistenzsystemen ausgerüstet. Auch mehrere private Unternehmen hatten sich zuletzt der Senatsinitiative angeschlossen, die auf einen Antrag der SPD-Fraktion in der Hamburgischen Bürgerschaft zurückgeht.
Eine EU-weite Pflicht für neue Fahrzeugtypen besteht indes erst seit Mitte 2022. Für alle neu zugelassenen Fahrzeuge wird der Einbau eines Abbiegeassistenten ab dem 7. Juli 2024 zur Pflicht. Die Polizei wird diesbezüglich zielgerichtete Kontrollmaßnahmen durchführen und zudem ihre Schwerpunkt- einsätze, insbesondere zur Überprüfung der Abbiegegeschwindigkeiten, fortsetzen. Grundsätzlich ist zu beobachten, dass immer mehr Menschen in Hamburg mit dem Fahrrad oder E-Scooter unterwegs sind. Die Zahl der E-Scooter von Sharing-Anbietern stieg seit 2019 von 4.000 auf 16.000 Fahrzeuge.
Die Zahl der Radfahrenden hat sich ebenfalls im gleichen Zeitraum nach Angaben der Behörde für Verkehr und Mobilitätswende deutlich erhöht (+28 % seit 2019). Trotz des hohen Anteils, sinkt die Zahl der Verkehrsunfälle mit Radfahrenden im Vergleich zum Vorjahr um 221 (-5,2 %) auf 4.037, die Zahl der Verkehrsunfälle mit sog. Elektrokleinst- fahrzeugen („E-Scootern“) um 133 (-15,5 %). Zugleich verunglückten auch 58 Radfahrende (-1,8 %) und 63 E-Scooter-Nutzende (-11,3 %) weniger als 2022.
Die intensive Verkehrssicherheitsarbeit u.a. im Rahmen von „Hamburg gibt 8“ und die zahlreichen Verkehrskontrollen und Schwerpunkteinsätze der Polizei Hamburg im Zuge der Konzeption „Mobil. Aber sicher!“ zeigen dabei offenbar Wirkung. Eine leichte Zunahme registrierte die Polizei Hamburg dagegen bei Verkehrsunfällen mit zu Fuß Gehenden (+1,5 %), wobei sowohl die Zahl der Verkehrsunfälle (-5,5 %) als auch die Zahl der verunglückten zu Fuß Gehenden (-4,7 %) im Vergleich zum Vor-Pandemie-Niveau 2019 insgesamt rückläufig ist. Unfälle von zu Fuß Gehenden beruhten in fast der Hälfte aller Unfälle auf eigenem Fehlverhalten. Eine erhöhte Gefahr für zu Fuß Gehende besteht vor allem beim unachtsamen Betreten oder Überqueren der Fahrbahn, insbesondere in der Dunkelheit.
Die Ablenkung durch das Smartphone oder Kopfhörer stellt einen weiteren Risikofaktor dar. Analog zur Entwicklung der Gesamtunfallzahlen nahm auch die Zahl der Verkehrsunfälle in allen Altersgruppen im gleichen Maße zu. Trotz einer gegenüber dem Vorjahr gestiegenen Zahl verunglückter Kinder (+9,6 %), wurden im vergangenen Jahr weniger Kinder schwer verletzt als im Jahr 2022 und dem Vor-Pandemie-Jahr 2019. Es ist jedoch zu beobachten, dass sich insbesondere die Zahl der Kinder, die als Mitfahrer schwer verunglückten, zuletzt nahezu verdreifacht hat (von 6 auf 17 Fälle). Bezogen auf die Bevölkerungsentwicklung geht die Anzahl der Verunglückten je 100.000 Kinder im Langzeitvergleich kontinuierlich zurück. Das Risiko für Kinder, in Hamburg durch einen Verkehrsunfall verletzt zu werden, ist damit – mit Ausnahme der von der Corona-Pandemie beeinflussten Jahre – so niedrig wie in keinem Jahr zuvor.
Bei der Entwicklung der Verkehrsunfälle mit Beteiligung junger Erwachsener (18 bis 24 Jahre) registrierte die Polizei Hamburg gegenüber dem Vorjahr ebenfalls ein leichtes Plus um +3 % auf zuletzt 10.143 Verkehrsunfälle. 2019 waren es noch 11.211 Verkehrsunfälle und damit 9,5 % mehr.
Auch die Zahl der Verkehrsunfälle mit Seniorenbeteiligung ging gegenüber dem Vor-Pandemie-Jahr 2019 um 900 Unfälle (-7,1 %) zurück, im Vergleich zum Vorjahr stieg sie um 450 (+4 %). Dabei wurden 30 Seniorinnen und Senioren mehr verletzt als im Jahr 2022 (+3,6 %). Insbesondere stieg dabei die Zahl der Fälle, bei denen Seniorinnen und Senioren mit einem Fahrrad einen Unfall verursachten, gegenüber dem Vorjahr um knapp 10 %. Die Polizei Hamburg setzt in diesem Zusammenhang verstärkt auf zielgruppenorientierte Präventionsangebote und führt regelmäßig Sicherheitstage für Seniorinnen und Senioren durch. Dabei wird unter anderem auch der sichere Umgang mit dem Fahrrad bzw. E-Bike trainiert.
Bezogen auf die Gesamtzahl der Verkehrsunfälle unter Alkohol- und Drogeneinfluss sank die Zahl der Feststellungen in 2023 um -10,8 % (bei Alkoholeinfluss) bzw. um -3,9 % (bei Drogeneinfluss) im Vergleich zum Vorjahr. Die Zahl der Ver- unglückten ging jeweils um rund -17 % zurück. Vor dem Hintergrund des geplanten Cannabisgesetzes wird die Polizei Hamburg ihren Kontrolldruck mit hamburgweit mehr als 600 aktiven „Drogenerkennern“ in diesem Jahr noch einmal erhöhen. Zu ihnen zählen auch die mit dem sogenannten standardisierten Fahrtüchtigkeitstest (SFT) besonders qualifizierten Polizistinnen und Polizisten. Mittels dieser Kontrollen können fahruntüchtige Personen, die u. a. aufgrund von Drogenkonsum nicht mehr am Verkehr teilnehmen können, umgehend erkannt werden. Geschwindigkeit war zwar auch im vergangenen Jahr eine der häufigsten Ursache für Unfälle, bei denen Menschen verletzt werden, dennoch verzeichnete die Polizei Hamburg dabei zuletzt einen star- ken Rückgang im Vergleich zum Vor-Pandemie-Jahr 2019 (-22,6 %). Trotz deutlich gestiegener Zulassungszahlen in Hamburg im Vergleich zum Vorjahr, sank auch die Zahl der Anzeigen durch stationäre und mobile Geschwindigkeitsüberwachung im gleichen Zeitraum um fast 50.000.
Bereits 2022 hatte eine Studie der Unfallforschung der Versicherer (GDV) festgestellt, dass sich neun von zehn Autofahrende in Hamburg an Tempo 50 halten. Auch bei Tempo 30 oder in verkehrsberuhigten Bereichen waren laut der Studie erhebliche Rückgänge feststellbar. Die zuletzt deutlich ausgeweitete Tempoüberwachung durch zusätzliche mobile Messanhänger schlägt sich hier offenbar nieder. Insbesondere an Unfallbrennpunkten sowie an schützenswerten Einrichtungen wie Kitas, Schulen und Senioreneinrichtungen richtet die Polizei Hamburg weiterhin einen besonderen Fokus auf die Geschwindigkeitsüberwachung.
Lars Pochnicht
Beitragsbild: algrishin/Pixabay