Farmsen-Berne vor fünfzig Jahren.
Im März 1972 berichtet der Berner Bote u.a. über den Flächennutzungsplan 73 und den Bebauungsplan Farmsen-Berne 20, der in Berne zu großen Veränderungen geführt hätte und massiven Protest auslöste.
Zitate aus dem Berner Boten vom März 1972
Flächennutzungsplan 73 (Aufmacher Seite 1)
In Berne wird sich einiges ändern. Die Bezirksversammlung Wandsbek hat den Referentenentwurf zum Flächennutzungsplan 73 mit Anmerkungen versehen.
Besonders hervorgehoben wurden folgende Punkte: Eine Müllverbrennungsanlage in Rahlstedt am Eichberg wird abgelehnt.
Das Hainischgebiet in Bergstedt darf durch eine Wohnbebauung nicht beeinträchtigt werden. Das Gebiet ist als Natur schutzpark auszuweisen. Die Alsterüberquerung in Höhe der Rollfinckstraße wird nicht für notwendig gehalten. Als weiteren Punkt weist die Bezirksversammlung darauf hin, dass sie gegen den Fortfall einer „U-Bahnlinie Tegelsbarg“ keine Einwände erhebt, allerdings bei einem Bebauungsplan das Dichtemodell des Senats zur Beurteilung heranziehen würde. Unter einem anderen Punkt fordert die Bezirksversammlung, den Berner-Au-Grünzug zwischen der Berner Allee und dem Karlshöher Weg unter Einbeziehung des Sportplatzes so zu gestalten, dass von einem Grünzug gesprochen werden kann.
Das Amt für Schule, Jugend und Berufsbildung beabsichtigt in dem genannten Bereich die Schule zu erweitern. Da der Sportbetrieb der Vereine durch den Bau von Umkleide- und Clubräumen verbessert werden soll, ist eine Neugestaltung des gesamten Komplexes zwischen Berner Allee, Lienaustraße, Karlshöher Weg und Kleine Wiese notwendig.
Für die Verbesserung der Verkehrsverbindungen weist der Flächennutzungsplan 73 eine Stadtautobahn aus, die von Barmbek kommend über Bramfeld, Berne nach Hoisbüttel geführt werden soll. Die Autobahn wird den Raum Berne am Pezolddamm berühren. Die Trasse ist ebenso wie die Trasse für den Ausbau des Äußeren Straßenringes, der von Blankenese über Lurup, Eidelstedt, Schnelsen, Langenhorn, Hummelsbüttel, Poppenbüttel, Sasel und Rahlstedt nach Bergedorf führt, bereits im Aufbauplan 1960 ausgewiesen. Entsprechend dieser Ausweisung wurden nunmehr die Bebauungspläne Rahlstedt 66, der den Straßenzug Berner Straße und Fasanenweg bis zur Berner Brücke enthält, und Farmsen-Berne 20, der den Straßenabschnitt Karlshöher Weg – Beim Farenland enthält, verabschiedet.
Der gesamte Äußere Straßenring soll einmal mit einem Regelquerschnitt von 26 Metern ausgebaut werden. Darin sind 4 Fahrspuren, Schutzstreifen, Rad- und Gehwege sowie teilweise Parkuhren enthalten. Bei der Verwirklichung des Bebauungsplanes Farmsen-Berne 20 müssen die Häuser Berner Heerweg 431, Karlshöher Weg 2, Karlshöher Weg 18-20 und Beim Farenland 2-4, dem Straßenausbau weichen.
Die Zeit bis zum jetzt vorgesehenen Baubeginn ist allerdings auch noch in Jahren zu zählen. Nach Auskunft der Behörde ist mit dem Ausbau der Berner Straße bis zur Berner Brücke, die durch eine weitere Brücke ergänzt werden muss, voraussichtlich im Jahre 1976 zu rechnen.
Der Ausbau des Karlshöher Weges, Beim Farenland mit Fortsetzung nordwestlich des Meiendorfer Mühlenweges im Bereich des bereits im Jahre 1968 beschlossenen Bebauungsplanes Sasel 5 ist mit Sicherheit nicht vor 1976 zu erwarten. Das schließt allerdings nicht aus, dass vorher
der Grunderwerb durchgeführt werden könnte.
Günther Meier
Bezirksabgeordneter (SPD)
Anmerkung der Redaktion:
Dieser Artikel im Berner Boten im März 1972 war der Auslöser für einen anhaltenden Protest in der Siedlung Berne gegen den Bebauungsplan Farmsen-Berne 20, der wie oben beschrieben, vorsah, dass der Bau des vierspurigen Ringes 3 quer durch die Berner Siedlung nicht ohne Abriss von etlichen Siedlungshäusern (Putzbauten) zu erreichen war. Das war auch der Anlass von Vorstand und Aufsichtsrat der Gartenstadt Hamburg die Bausubstanz aller Putzbauten begutachten zu lassen. Ergebnis: Die Putzbauten, hätten nur noch eine Lebenserwartung von 8-15 Jahren, wenn keine erheblichen Investitionen erfolgen würden. Vorstand und Aufsichtsrat waren der Meinung, dass erhebliche Investitionen nicht vertretbar wären.
Eine Mitgliederinitiative bildete sich und forderte auf der Mitgliederversammlung 1973 Alternativen, die den Erhalt aller Häuser sicherstellen sollten. Eine Teilmitgliederversammlung für die Berner Siedlung folgte im Herbst 1973. Ergebnis: Der Mitgliederversammlung 1974 wird ein Vorschlag vorgelegt, der vorsieht, dass das Gutachten nicht weiter verfolgt wird und
ein Instandsetzungsplan erarbeitet wird. So geschah es am 6. Juni 1974 in der Mitgliederversammlung und die Häuser wurden nach und nach saniert.
Der Berner Bote berichtete in seiner März
Ausgabe 2019 in dem Artikel „100 Jahre Gartenstadt Hamburg“ auf den Seiten 1-4
u.a. auch über den „Ring 3“.
Der Bundestagsabgeordnete Ihres Wahlkreises,Alfons Pawelczyk, wird regelmäßig
zu politischen Fragen Stellung nehmen.
Sein heutiges Thema:
Ratifizieren (Seite 4)
Es gibt keine vertretbare Alternative zur Ostpolitik unserer Bundesregierung. Die letzte Barzel-Reise in die USA lieferte den letzten endgültigen Beweis für die außenpolitische Isolierung der Opposition. Der „Entwurf eines Gewaltverzichtsvertrages“ der CDU und CSU in dieser Frage.
Worum geht es bei der neuen Außenpolitik?
1. die BRD darf nicht isoliert werden
Spätestens seit Anfang der 60er Jahre verlor die Ostpolitik der damaligen Bundesregierung ihre Überzeugungskraft. Das Abwarten, die unbegründete Hoffnung auf bessere Zeiten, verschlechterte unsere Lage von Jahr zu Jahr. Der Kontakt zwischen den Deutschen wurde seitens der DDR durch Mauer, Stacheldraht und Schießbefehl brutal unterbrochen. Staaten in West und Ost näherten sich vorsichtig der Schwelle zur völkerrechtlichen Anerkennung der DDR. De Gaulle setzte 1967 während seiner Polenreise unübersehbare Zeichen zugunsten der völkerrechtlichen Anerkennungder Oder-Neiße-Gebiete. Wichtige NATO Partner reduzierten ihre Truppenkontingente in Europa, ohne dass der Warschauer Pakt Gegenleistungen erbrachte. Eine ständig wachsende Minderheit in den USA drängte auf weitere drastische Verringerung der Truppen in Europa. Die Sowjetunion bekräftigte zur gleichen Zeit einen Interventionsanspruch gegenüber der BRD, den sie glaubte, aus Art. 53 und 117 UNO-Charta ableiten zu können.
2. Die BRD braucht mehr Sicherheit und Entspannung
Die sich zum Nachteil der BRD vollziehende Entwicklung musste durch die Regierung Brandt/Scheel gestoppt werden.
Wir brauchen:
– den Gewaltverzicht der Sowjetunion uns gegenüber
– mehr Vertrauen zwischen den Völkern Osteuropas und den Deutschen
– die Verbesserung der Kontakte zwischen den Deutschen
– die Stabilisierung der Lage Berlins
– den Schutz und das Verständnis der mit uns befreundeten Staaten.
Moskauer Vertrag, Warschauer Vertrag und Berlin-Abkommen sind die ersten
Stationen der Erfolgsbilanz. Wir anerkennen den politischen Status quo in Mitteleuropa. Die Sowjetunion verzichtet aufden Interventionsanspruch uns gegenüber und anerkennt die gewachsenen Bindungen und deren Weiterentwicklungzwischen Westberlin und der BRD.
Beide Seiten haben ihre Maximalforderungen aufgegeben. Damit wurde die Sperre gelöst, die West und Ost bisher die Chance nahm, den Entspannungsprozess für
Europa einzuleiten. Unsere Bundesregierung sicherte diese Ostpolitik durch enge Zusammenarbeit mit den NATO-Staaten.
Von Anfang an wurde vermieden, dass Entspannungsbemühungen mit osteuropäischen Staaten zu Spannungen mit unseren Partnern führen. Nicht die Verlagerung der Spannungsfelder sondern ein Zuwachs an Entspannung ist unser Ziel!
Wir sicherten die Ostpolitik auch ab, in dem wir unsere militärischen Verpflichtungen in der NATO immer ernst nahmen. Wir boten eine Strategie an, die die Bemühungen um mehr Sicherheit und Entspannung verkoppelt. Ich meine, die intensiven Bemühungen der Bundesregierung, eine Konferenz über europäische Sicherheit zustande zu bringen und einen gleichgewichtigen und gleichzeitigen Abbau der Militärpotentiale in West und Ost (MBFR) zu fordern. Damit haben wir unseren Verbündeten ein realistisches außenpolitisches Konzept angeboten. Es ist frei von gefährlichen Wunschvorstellungen. Es geht aus von der bestehenden politischen Lage und versucht, von dort mehr Entspannung, mehr Frieden zwischen uns Europäern zustande zu bringen.
Ich bin von der Richtigkeit dieser Politik überzeugt, weil die Entwicklung zur völkerrechtlichen Anerkennung der DDR durch andere Staaten damit zunächst angehalten wird. Ich bin auch deshalb von der Richtigkeit überzeugt, weil zur Zeit offenbar eine weltpolitische Konstellation besteht, in der die Führungsmächte USA und Sowjetunion selbst an einem Ausgleich in unserem Raum interessiert sind.
Anmerkung der Redaktion:
Alfons Pawelczyk (Jahrgang 1933)
1961 Eintritt in die SPD
1969-1980 Mitglied des Deutschen Bundestages für den Wahlkreis Hamburg-Wandsbek. Im Bundestag tätig im Verteidigungs- und Auswärtigen Ausschuss
1980-1984 und 1986/87 Innensenator in Hamburg
1982-1991 Mitglied der Hamburger Bürgerschaft
Mitglied des Sicherheitsausschusses beim SPD Parteivorstand
Außerdem war er Abrüstungs- und Verteidigungs-Experte der SPD
Im Blickpunkt (Seiten 9 und 10)
„Soweit im industriellen Zeitalter Politik für den einzelnen Menschen und sein Wohlergehen gemacht worden ist, geht sie auf Anstöße aus der Arbeiterbewegung zurück.“
Walter Arendt, Bundesarbeitsminister, am 28. September 1971 auf dem Gewerkschaftstag der IG-Metall in Wiesbaden.
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„Den politisch gefährlichsten Beitrag hat der CSU-Vorsitzende Franz-Josef Strauß geliefert. Während der Bundeskanzler auf der Krim die Gespräche mit Breschnjew führte, hat er die Forderung gestellt, den Amerikanern die weitere Zahlung von Stationierungskosten zu verweigern. Es wird nun Aufgabe der Regierung sein, die von Strauß angerichtete Verwirrung zu klären. Eine Belastung unserer Beziehungen zu den USA, auf die wir durchaus hätten verzichten können.“
Hans-Jürgen Wischnewski, SPD-Bundesgeschäftsführer, am 19. September 1971 im Südwestfunk.
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„Durch die Verleihung des Friedensnobelpreises, der eine hohe moralische Verpflichtung darstellt, ist die weltweite unterschwellige Verbindung der Worte „Deutschland und Krieg“ durch „Deutschland und Frieden“ ersetzt worden.
Willy Brandt, Bundeskanzler und SPD- Vorsitzender, am 28. Oktober 1971 im US-Sender CBS.
Ende der Zitate aus dem Berner Boten vom März 1972
Heiner Widderich
Beitragsbild: Auch diese beiden Doppelhäuser, Karlshöher Weg 18-20 und Beim Farenland 2-4, müssen dem Straßenausbau weichen; Foto und Bildunterschrift aus dem Berner Boten im März 1972, Seite