Farmsen-Berne vor fünfzig Jahren.
Im Januar 1970 befasst sich der Berner Bote (Doppelausgabe Jan./Feb.) u.a. mit der Entwicklung des Stadtteils der vergangenen Jahre aus Sicht des Bezirksabgeordneten Walter Krug.
Zitate aus dem Berner Boten von Januar 1970
Aus der Bezirksversammlung
Erfolge für Berne (Seiten 1- 4, Auszug)
Während der Feiertage am Jahresende hatte ich Muße mich daran zu erinnern, was ich in der Vergangenheit zu berichten wußte, was ich den Bernern versprach und was innerhalb der letzten vier Jahre in der Bezirksversammlung Wandsbek, im Kerngebietsausschuss und im Verwaltungsausschuss für das Volkshaus für Berne erreicht wurde.
Diesen Rückblick, glaube ich, ist jeder Politiker seinen Wählern schuldig, wenn die Zeit, für die er gewählt wurde, abläuft. Auch meine Zeit als Bezirksabgeordneter für Berne läuft ab. Am 22. März wird wieder gewählt. Ein neuer Kandidat der SPD, mein Freund Günther Meier, bewirbt sich um Ihr Vertrauen, liebe Berner.
Doch nun zum Rückblick, für den der „Berner Bote“ mir heute wie in den vergangenen Ausgaben den Platz bereitwillig zur Verfügung stellt. Mein eigener Blick zurück in die „Berichte aus der Bezirksversammlung“ der letzten 48 Monate war schon fast ein Blick in die Geschichte.
Denn blicken auch Sie zurück: Berne 1966.
Der Bahnhof ist nur über eine hölzerne Nottreppe zu erreichen. Der Berner Heerweg rund und kurvenreich wie seit hundert Jahren schüttelt mit seinem Kopfsteinpflaster jeden Autofahrer. An der Berner Allee, gegenüber der alten „Produktion“, standen noch Katen und Kastanien. Auf dem Schulhof wurde gebaut. Andere Bauanträge lagen auf Eis, denn mit der Kanalisation war es ein Kreuz.
Das heutige Berne wird vom Hochhaus der „Gartenstadt“ am Kriegkamp überragt. Ein hoher Rohbau im Osten der alten Siedlung kündet von der regen Bautätigkeit rund um den Berner Bahnhof.
In den Schaufenstern des modernen „Pro- Marktes” spiegeln sich die Lichter der Verkehrsampeln am Berner Kreuz wider, der ersten Ampel, die Berne erhielt.
Der Sammler Ost, der die Siedlung durchquert und weiter außerhalb den Bau von 50 000 zusätzlichen Wohnungen ermöglicht, ein weiterer Mosaikstein.
Berne erhielt in diesen vier Jahren vor dem neuen Bahnhof seine ersten Parkuhren und als Modell für künftige park-and-ride-Plätze die erste zweigeschossige Parkgarage. Das Abstellen der Wagen ist hier kostenlos.
Direkt am Bahnhof, hinter dem Einkaufszentrum Hermann-Balk-Straße, wird jetzt auch verdichtet. In einer Kampfabstimmung hat die Bezirksversammlung im November den Bebauungsplan Rahlstedt 64 passieren lassen, der weitere 200 Wohnungen in bis zu 12geschossigen Hochhäusern unmittelbar am Bahndamm vorsieht. Am Roten Hahn haben wir weitere 300 Wohnungen genehmigt. Dabei mussten wir uns die Frage stellen, reicht eigentlich unser Schulraum für die immer mehr wachsende Bevölkerung aus?
Die Schule Berne, die schon 1966 aus allen Nähten platzte, erhielt am 7. Januar 1967 ihren vierklassigen Neubau auf dem Schulhof. Der Schulraum reichte aber immer noch nicht. Ende letzten Jahres wurden am Jugendheim zwei Pavillons aufgestellt. Auch sie werden von der Schule mühelos gefüllt.
Ein weiteres Thema ist das Volkshaus.
Sie erinnern sich noch, als Anfang 1968 der Krach um die neuen Gebühren im Volkshaus begann. Wir erreichten durch unseren positiven Widerstand schließlich einen annehmbaren Kompromiss.
Jetzt kommt ein neues Problem Volkshaus auf uns zu. Die Tage des Kinos sind gezählt: Der Pächter wird aus Altersgründen schließen und dann stellt sich allen Verantwortlichen die Frage: Was soll aus dem Volkshaus werden?
Durch unseren Einsatz vor zwei Jahren für die Reduzierung der Gebühren haben wir erreicht, dass die Berner Vereine dem Volkshaus treu bleiben können. Jetzt müssen wir erreichen, dass das Volkshaus tatsächlich zu einem kulturellen Mittelpunkt des Ortes wird.
Wir haben erreicht, dass für unser großes Neubaugebiet endlich in der Scharbeutzer Straße die neue Polizeirevierwache 51 gebaut wurde und damit die Präsenz der Polizei auch in Berne entscheidend verbessert wurde.
Gerade der Park wird jetzt zur Oase der Kinder werden. Am 15. Januar übernahm die Jugendsenatorin Irma Keilhack das Berner Schloss als neues Kindertagesheim. Gegenüber dem alten Kindergarten, der bislang unzureichend in einer Baracke untergebracht war, konnte mit 160 Kindern die Aufnahmefähigkeit des neuen Heimes mehr als verdoppelt werden. Und auch für die Baracke fand sich eine sinnvolle Verwendung: Am 26. November 1968 wurde hier eine richtige Altentagesstätte eröffnet.
Wir sind stolz darauf, in Hamburg leben und arbeiten zu können. Wir wissen, dass in Hamburg mehr verdient wird als in allen vergleichbaren Städten. Unter so bekannten Bürgermeistern wie Max Brauer, Paul Nevermann und Herbert Weichmann ist Hamburg seit 1945 zur blühenden Metropole des Nordens geworden. Nur eine gesunde Wirtschaft garantiert uns diesen gewohnten Wohlstand auch für die Zukunft. Hamburgs Zukunft zu sichern, werden Hamburgs Sozialdemokraten auch in den nächsten vier Jahren in Bezirksversammlung, Bürgerschaft und Senat bestrebt sein.
Walter Krug Bezirksabgeordneter
Anmerkung der Redaktion:
Walter Krug (SPD) war von 1966-1970 für Berne in der Bezirksversammlung Wandsbek, danach nach seinem Umzug für Meiendorf. In seinem Artikel im Berner Boten vom Januar 1970 legt er auf den Seiten 1 bis 4 einen Rechenschaftsbericht über seine Arbeit in der Bezirksversammlung der letzten vier Jahre vor.
Er war Mitbegründer des Berner Boten im Jahre 1951. Beruflich war er Redakteur bei der Hamburger Morgenpost.
Die neue Bundesregierung (S. 10)
Nachstehend veröffentlichen wir auf vielfachen Wunsch die Namen der Mitglieder der neuen Bundesregierung:
Kanzler: Willy Brandt (SPD)
Bundeskanzleramt: Horst Ehmke (SPD)
Außen: Walter Scheel (FDP)
Innen: Hans-Dietrich Genscher (FDP)
Justiz: Gerhard Jahn (SPD)
Finanzen: Dr. Alex Möller (SPD)
Wirtschaft: Prof. Dr. Karl Schiller (SPD)
Arbeit: Walter Arendt (SPD)
Ernährung: Josef Ertl (FDP)
Verteidigung: Helmut Schmidt (SPD)
Verkehr: Georg Leber (SPD)
Wohnungsbau: Dr. Lauritz Lauritzen (SPD)
Innerdeutsch: Egon Franke (SPD)
Gesundheit, Familie und Jugend:
Käte Strobel (SPD)
Wissenschaft und Bildung:
Prof. Hans Leussink (parteilos)
Wirtschaftliche Zusammenarbeit:
Dr. Erhard Eppler (SPD)
Anmerkung der Redaktion:
Bei der Bundestagswahl vom 28. September 1969 gewann die SPD 22 Mandate hinzu und verfügte über 224 Abgeordneten im Deutschen Bundestag. Die CDU/ CSU verlor 3, die FDP 19 Sitze. Die CDU/ CSU zog mit 242, die FDP nur noch mit 30 Abgeordneten in das Parlament ein.
Die Koalition aus SPD und FDP verfügte somit über 254 Sitze. Die CDU/CSU musste erstmalig in der Geschichte der Bundesrepublik in die Opposition gehen und hatte 242 Sitze.
Ende der Zitate aus dem Berner Boten vom Januar 1970
Heiner Widderich